Kein Knast für Turbo-Rolf
Der Autobahnraser von Karlsruhe muss doch nicht ins Gefängnis: Das Landgericht Karlsruhe verurteilte den 35-jährigen Ingenieur wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Obwohl die Richter des Berufungsverfahrens den Mann ebenso wie zuvor das Amtsgericht für schuldig befanden, als Drängler den Tod einer 21-Jährigen und ihrer zweijährigen Tochter verursacht zu haben, blieben sie deutlich unter der im Februar verhängten Haftstrafe von 18 Monaten.
Die Verteidigung kündigte dennoch Revision vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe an, auch die Staatsanwaltschaft will diesen Schritt prüfen. Die Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte das Urteil als «unangemessen nachsichtig». Der Auto Club Europa (ACE) sprach sich dafür aus, Raser gesellschaftlich zu ächten. Die Opferschutzorganisation Weisser Ring appellierte an das Verantwortungsgefühl der Autofahrer.
Das Landgericht befand Rolf F. für schuldig, am 14. Juli 2003 morgens um 06.00 Uhr auf der A 5 zwischen Karlsruhe und Bruchsal viel zu dicht auf einen Kleinwagen aufgefahren zu sein und damit den tödlichen Unfall von Jasmin A. und ihrer Tochter Rebecca verursacht zu haben. Die junge Frau habe keinen Fahrfehler gemacht. Neben der einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilte das Gericht den 35-Jährigen zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro. Ausserdem wird ihm der Führerschein für ein weiteres Jahr entzogen.
Der Vorsitzende Richter Harald Kiwull begründete den Schuldspruch vor allem mit der Aussage von vier Unfallzeugen, die zum Teil detailliert an einen dunklen Mercedes erinnern konnten und die das Gericht als gesichert und glaubwürdig einschätzte. Weiter habe die «akribische Aufklärungsarbeit» der Polizei ergeben, dass von allen in Frage kommenden dunklen Mercedes-Fahrzeugen nur der Dienstwagen des Rolf F. übrig blieb. Der Angeklagte habe auch zum Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle sein können.
Rolf F. für lange Zeit «gebrandmarkt»
Die verhängte Bewährungsstrafe begründete Kiwull mit vergleichbaren Fällen der fahrlässigen Tötung im Strassenverkehr. Das Landgericht habe etwa einen Autofahrer, der bei Gegenverkehr überholte und damit den Tod eines Menschen verschuldet hatte, mit Geldstrafe bestraft. Ein Ersttäter, der mit 1,78 Promille Alkohol einen tödlichen Unfall verursacht hatte, verurteilte das Landgericht Karlsruhe zu einem Jahr Haft ohne Bewährung.
Ausserdem sei Rolf F. trotz hoher Kilometerleistungen im Jahr nur einmal mit einer Geschwindigkeitsübertretung aufgefallen. Das Gericht ging davon aus, dass Rolf F. nicht der «Rambo der Strasse» war. Ausserdem habe an der Unfallstelle kein Tempolimit geherrscht. Bei der Aussetzung zur Bewährung berücksichtige das Gericht zudem, dass der Angeklagte für lange Zeit «gebrandmarkt» sei und es schwer haben werde, wieder eine Arbeit zu bekommen. Auch die «unwürdige und teils menschenverachtende Darstellung» in einigen Medien wurde berücksichtigt.
(dapd)