Fall A. Z.: Kein «normaler» Fall von Internet-Pornografie

Aktualisiert

Fall A. Z.Kein «normaler» Fall von Internet-Pornografie

A. Z.*, Gemeindepräsident von Berneck, sitzt seit dem 1. Mai wegen verbotener Pornografie in U-Haft. Laut Experten reicht der blosse Konsum kaum für eine so lange Haft.

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A. Z. (Bild: Twitter)

A. Z. (Bild: Twitter)

Mit einem Communiqué wandte sich am Dienstag A. Z.*, Gemeindepräsident von Berneck, an die Öffentlichkeit. In dem Schreiben äussert sich der 53-jährige Familienvater erstmals zu den Gründen seiner Verhaftung. Gegen ihn wird wegen Verstössen im Bereich verbotener Pornografie ermittelt. Bei verbotener Pornografie handelt es sich entweder um Material, das sexuelle Handlungen mit Tieren, mit Gewaltätigkeiten unter Erwachsenen, Extrementen oder mit Kindern zeigt.

Was im Bereich Pornografie verboten ist, regelt das Schweizerische Strafgesetzbuch in Artikel 197 (siehe Box).

Am selben Tag wieder zu Hause

In U-Haft kommt man erst, wenn ein dringender Tatverdacht vorliegt. Zudem muss mindestens einer von vier Haftgründen vorliegen: Verdunkelungsgefahr, Fluchtgefahr, Fortsetzungsgefahr oder Ausführungsgefahr. Experten gehen im Fall von A. Z. davon aus, dass Verdunkelungsgefahr vorliegt. Die besteht, wenn andere Personen involviert sind, die den Beschuldigten beeinflussen könnten, oder wenn diese Beweismittel vernichten könnte.

«Wenn etwa verbotene pornografische Bilder oder Videos auf einem Rechner gefunden werden, die von einer privaten Quelle stammen, braucht es Zeit, diese zu ermitteln», so ein erfahrener St. Galler Strafrechtler. In dieser Zeit müsste der Beschuldigte in Untersuchungshaft bleiben, weil er sich sonst mit seinem Lieferanten absprechen könnte.

Und auch was die Dauer der Untersuchungshaft angeht, sind sich Experten einig: «Eine so lange U-Haft ist aussergewöhnlich.» Der blosse Konsum von verbotener Pornografie reicht laut einem Experten kaum aus, um eine Person so lange in Untersuchungshaft zu behalten. «Ein gewisses Mass an Aktivität, sei es in der Verbreitung oder Produktion von pornografischem Material, das sexuelle Handlungen mit Tieren oder sexuelle Handlungen mit Kindern zeigt, ist wahrscheinlich», so der Experte.

Bei einem einfachen Fall von Internet-Pornografie, bei dem es bloss um Konsum von verbotener Ware geht, nimmt die Staatsanwaltschaft laut dem St. Galler Anwalt Andreas Fäh den Beschuldigten fest, beschlagnahmt seinen Computer und befragt ihn. «In der Regel wird der Verdächtige gleichentags oder nach wenigen Tagen wieder entlassen», so Fäh.

Solange keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, gilt für A. Z. die Unschuldsvermutung.

* Name der Redaktion bekannt

Artikel 197

Strafbar macht sich, wer:

- Personen unter 16 Jahren pornografisches Material zugänglich macht oder durch Radio oder TV verbreitet

- Wer pornografisches Material öffentlich ausstellt oder zeigt. Ausser bei Ausstellungen in geschlossenen Räumen, bei denen die Besucher vorher informiert wurden.

- Wer Minderjährige anwirbt oder zwingt, an einer pornografischen Vorführung mitzuwirken.

- Gegenstände oder Vorführungen, die sexuelle Handlungen mit Tieren oder mit Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen oder mit Minderjährigen konsumiert, herstellt oder verbreitet.

Dem Beschuldigten drohen je nach Vergehen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

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