Ecowizz: «Keine Angst vor Google und Microsoft»

Aktualisiert

Ecowizz«Keine Angst vor Google und Microsoft»

Drei Spezialstecker, einen USB-Stick und einen Browser braucht man laut dem Unternehmen Geroco, um 15 Prozent der Stromkosten einzusparen. 20 Minuten Online hat den Firmen-Chef gefragt, wie es funktioniert.

Henning Steier
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Henning Steier
Web-Interface und Spezialstecker: Geroco will Kunden helfen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren.

Web-Interface und Spezialstecker: Geroco will Kunden helfen, ihren Energieverbrauch zu reduzieren.

Beim Start-up-Wettbewerb venture kick gewann das Unternehmen Geroco vergangene Woche 130 000 Franken. Die Firma aus Martigny (VS) will Kunden helfen, ihren Energieverbrauch zu senken. Dazu bietet sie ihnen ein Paket aus drei Plug-in-Steckern, einem USB-Dongle und einer browserbasierten Benutzeroberfläche an. Über sie kann man Geräte ausschalten, ohne einen Schalter betätigen zu müssen. Einen Markt dafür scheint es zu geben. Denn wie 20 Minuten Online Ende März berichtete, hat sich die Liberalisierung des Energiemarktes hierzulande für die Kunden kaum gelohnt. Denn vor der Strommarktöffnung in den Jahren 2004 sanken die Preise durchschnittlich pro Jahr um 2,6 bis 4,9 Prozent. Diesen Trend durchbrachen die auf den 1. Januar 2009 vorgenommenen Tariferhöhungen. Für die Jahre 2004 bis 2009 wuchs damit die Stromrechnung für die Haushalte aller Kategorien um 1,6 (5-Zimmer-Wohnung mit Elektroherd und Tumbler) bis 9,3 Prozent (5-Zimmer-Einfamilienhaus mit Elektroheizung). Für kleinere Gewerbebetriebe konnten die Preisüberwacher keine eindeutige Tendenz ausmachen. Die Bauern mussten 2,3 Prozent mehr an ihren Stromversorger abliefern.

Ab dem 12. Juli werden die ersten Kunden in der Romandie das Produkt namens Ecowizz erhalten, mittelfristig soll es in der Deutschschweiz und Deutschland erhältlich sein. Spätestens dann soll es auch eine Webseite auf Deutsch geben. Allerdings hat das Ganze mit 249 Franken einen verhältnismässig hohen Preis. Immerhin verzeichnet Geroco bereits rund 400 Vorbestellungen. 20 Minuten Online wollte vom 24-jährigen Chef des Unternehmens, Michael Dupertuis, wissen, wie weitere Nutzer überzeugt werden sollen, denn laut Berechnungen von Geroco kann man seinen Stromverbrauch jährlich nur um maximal 15 Prozent senken. Daher dürfte es für viele Haushalte ein Jahr dauern, bis sich die Anschaffung lohnt.

20 Minuten Online: Konnten Sie bereits Partner unter den Stromversorgern gewinnen?

Michael Dupertuis: Wir haben einen Vertrag mit Romande Energie, dem fünftgrössten Unternehmen der Branche, abgeschlossen.

Was haben die Kunden davon?

Einen Preisabschlag von 50 Franken, denn Romande Energie wird unser Produkt unter einem eigenen Namen verkaufen. Die Firma kann die Stecker und unsere Webplattform für ihre Kunden mit ihrem Logo versehen und dort Informationen zum Energiesparen bereitstellen.

Haben Sie sonst noch Pläne für die Website?

Mittelfristig soll daraus eine Stromsparer-Community werden. Wir werden Inhalte von Bloggern und Journalisten erstellen lassen. User können sich freiwillig Profile anlegen und sich mit anderen austauschen. Natürlich werden wir auch Werbung auf der Seite haben.

Was passiert mit den Nutzerdaten?

Sie sind natürlich für Energieunternehmen interessant. Denn sie könnten beispielsweise Kunden einen anderen Tarif vorschlagen, wenn dies aufgrund seines Verbrauchsprofils angebracht erscheint. Oder er wird darauf aufmerksam gemacht, dass seine Gefriertruhe in den vergangenen 14 Tagen 20 Prozent mehr Strom als üblich verbraucht hat und es vielleicht Zeit sein könnte, sie abzutauen. Grundsätzlich kann jeder Kunde natürlich mit einem Klick der Datenweitergabe widersprechen. Nicht zuletzt hat das Beispiel Facebook gezeigt, dass man den Willen der User unbedingt respektieren sollte.

Wie kommen Sie darauf, dass Kunden bis zu 15 Prozent ihrer Stromkosten einsparen können?

Wir haben unser System ausgiebig von 15 Haushalten testen lassen. Man überlege einmal, wie oft man den Fernseher nur in den Standby-Modus versetzt oder die Kaffeemaschine anlässt. Man kann übrigens auch die Raumtemperatur überwachen lassen und - wenn sie zum Beispiel über 21 Grad steigt - ein Heizgerät abschalten lassen, welches übe die Steckdose läuft.

Funktioniert das Ganze auch über einen Rechner, welcher nicht in Reichweite des heimischen Funknetzes steht?

Noch nicht, aber Ende des Jahres werden wir eine Box anbieten, die sich per Kabel oder drahtlos mit dem eigenen Router verbinden lässt. Sie kommuniziert mit dem Stecker und so kann man seinen Fernseher auch aus Honolulu abschalten, wenn einem danach ist. Das wird auch mit Android-Smartphones und iPhones funktionieren.

Nach heutigem Stand: Wie weit darf der Rechner vom Stecker entfernt stehen?

In modernen Häusern maximal 30 Meter. Es kommt aber auf die Bausubstanz an - bei dicken Wänden können es auch nur 15 Meter sein.

Wie viel Energie verbraucht ein Stecker?

Weniger als ein halbes Watt pro Stunde, wenn Daten an ihn gesendet werden. Falls er nicht aktiv ist, liegt der Energieverbrauch bei 0,2 Watt.

Viele Unternehmen nutzen bereits computergesteuerte Systeme, um ihre Energiekosten zu senken. Konzentrieren Sie sich daher auf Privatkunden?

Ich habe Firmen früher solche Lösungen verkauft und weiss daher, wie teuer sie sind. Unser Produkt ist daher eher für kleine Unternehmen und Haushalte mit mehreren Mitgliedern interessant. Wir gehen davon aus, dass wir 2010 rund 2500 und im nächsten Jahr etwa 15 000 Exemplare absetzen können.

Google hat mit dem Powermeter einen Online-Stromzähler samt Messgerät für US-Kunden im Angebot. Haben Sie Angst vor der Marktmacht der weltgrössten Suchmaschine?

Microsoft ist übrigens auch mit einer Lösung namens Hohm vertreten, welches aber nur eine Art Energierechner ist. Wir haben es mal ausprobiert und es hat uns über eine Stunde gekostet, bis wir alle Daten eingegeben hatten. Natürlich sollte man so grosse Unternehmen nicht unterschätzen, aber wir haben keine Angst vor Google und Microsoft.

Wie schätzen Sie die Bedrohung Ihres Systems durch Hacker ein? Sie nutzen den Funknetz-Standard ZigBee, welcher zwar einfach zu implementieren ist, aber auch als unsicher gilt.

99 Prozent aller Lösungen sind hackbar. Wir tun, was wir können, um unser Produkt zu schützen und verschlüsseln den Datenverkehr.

Geroco

Haushaltsgeräte werden an einen Stecker angeschlossen, der die Daten sammelt und sie über einen USB-Dongle an den PC überträgt. In einem Web-Portal wird der Energieverbrauch dokumentiert. Ausserdem findet man dort Tipps zum Stromsparen und kann Geräte direkt abschalten.

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