Verzweifelte Lehrer: «Keine Schulnoten? Das ist eine Mimimi-Gesellschaft»

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Verzweifelte Lehrer«Keine Schulnoten? Das ist eine Mimimi-Gesellschaft»

Weil es für Lehrpersonen immer schwieriger wird, ihre Klassen in einem Zeugnis zu benoten, fordert ein Zürcher Lehrer mehr Möglichkeiten zur individuellen Bewertung – das findet ihr nicht angemessen.

von
Deborah Gonzalez
Viele Leserinnen und Leser wollen an den Noten festhalten. Was meinst du?

Viele Leserinnen und Leser wollen an den Noten festhalten. Was meinst du?

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Darum gehts

  • Der Zürcher Sekundarstufenlehrer Sammy Frey nervt sich in einem Video über die Zeugnisse, in denen er seine Schülerinnen und Schüler benoten sollte. 

  • Die Form der Benotung sei schlicht nicht mehr zeitgemäss, sagt er. 

  • Der Grossteil der Community sieht keinen Grund, das Schulsystem zu ändern – nur wenige finden es auch veraltet.

«Die Schule und die Gesellschaft haben sich extrem gewandelt. Doch das Zeugnis ist in den letzten 20 Jahren in Zürich und in vielen anderen Kantonen in den Grundzügen dasselbe geblieben», sagt Sammy Frey in einem Video. Er fordert: «Es braucht eine Form von schriftlicher Beurteilung.» Es könne nicht sein, dass man sich als Lehrperson viel Mühe gebe, den Möglichkeiten der Kinder im Unterricht individuell gerecht zu werden, um sie dann mit Noten von 1 bis 6 zu beurteilen, so Frey weiter.

Der Grossteil der 20-Minuten-Community steht nicht hinter den Aussagen und Forderungen Freys. Viele Leserinnen und Leser weisen darauf hin, dass Noten «sehr wohl gerecht sind», und sprechen von einer «Mimimi-Gesellschaft». Nur wenige finden, dass das Schulsystem veraltet und überholt ist.

«Veraltete Werte? Im Gegenteil»

Uschi.blum etwa findet, dass hinter guten Noten viel Fleiss und Einsatz steckt. Ausserdem: «Mit (guten) Schulnoten in wesentlichen Fächern wird eine Bewertungs- und Vergleichsgrundlage für Schulwissen auf entsprechendem Niveau gesetzt. Dahinter steckt auch viel Disziplin. Alles völlig veraltete Werte? Im Gegenteil!»

Sonichtmeinedamenundherren ordnet Freys Aussage ein und geht hart mit ihm ins Gericht: «Er will eigentlich nur sagen, dass er nach den heutigen Massstäben die Mehrheit seiner Schüler durchfallen lassen müsste. Das möchte er aber nicht, weil es auch auf ihn zurückfallen würde. Stattdessen würde er lieber irgendein nichtssagendes individuelles Geschwafel ins Zeugnis schreiben, damit alle zufrieden sind.»

«Schulische Leistungen können sehr wohl benotet werden»

Maruhe findet: «Da wird doch wieder etwas diskutiert, das total überflüssig ist. Schulische Leistungen können sehr wohl benotet werden. Mieses Verhalten/Auftreten etc. kann sehr gut in schriftlicher Form wiedergegeben werden.» Auch undganzdollmich spricht sich gegen Freys Forderung aus: «Das ganze Leben ist eine Prüfung. Und darauf sollte man in der Schule vorbereitet werden – mit Prüfungen, Zeugnissen und Noten.»

Findest du Noten noch zeitgemäss?

Auch duesentrieb findet, dass es «fair» sei, Leistungen mit Noten zu bewerten. Freys Idee einer anderen Bewertung schmettert KlausKlaus ab. Er fragt: «Individuelle Bewertung? Oder auch Sympathie-/Antipathie-Bewertung? Vielleicht auch Willkür?»

«Das ganze System ist veraltet»

Es gibt aber auch Stimmen, die es anders sehen. So auch Nachdenker2.0: «Die Gesellschaft hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Das Schulsystem konnte sich noch nicht dem Wandel anpassen.» Weiter schreibt er, dass die Schere zwischen starken und schwächeren Schülern immer weiter auseinandergehe. Der Lehrplan21 berücksichtige im Allgemeinen die mittelstarken und die starken Schüler. Für die schwächeren fahre der Zug zu schnell. Und: «Der Spruch, du bekommst nur mit sehr guten Noten eine gute Lehre, ist Schnee von gestern und eher ein Schreckgespenst.»

_leser007_ geht noch etwas weiter. Er findet: «Das ganze System ist veraltet, auch das, was man den Kids beibringt.» So sieht es auch Dee87: «Unser Schulsystem sollte schon sehr lange angepasst werden und zwar komplett! Wir lernen so viel Schrott, den wir später unser ganzes Leben nicht mehr brauchen.» Ausserdem bemängelt er: «Wir können nicht den Job ausüben, den wir wollen, nur weil die guten Noten fehlen. Dabei wäre der ein oder andere besser geeignet als einer, der gute Noten mitbringt. Kindern sollten ganz andere Werte mitgegeben werden.»

«Das Sozialverhalten ist viel zu selten ein Thema»

Giraffe5 spricht aus eigener Erfahrung: «Es wird so viel über Noten geredet, aber das Sozialverhalten ist viel zu selten ein Thema – das braucht dringend eine Anpassung.» Sie bietet auch eine Lösung: «Ich habe ein Zeugnis vom Kanton Schaffhausen gesehen, da ist jeder Bereich im Zeugnis einzeln erfasst. Nur schon das ist eine riesige Verbesserung.» 

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