Joel (15) aus Zürich«Keiner meiner Freunde hat sich so oft mit Corona angesteckt wie ich»
Rund 40 Schultage hat Joel K. (15) wegen seiner fünf Corona-Infektionen verpasst. Laut Infektiologe Andreas Cerny sind häufige Reinfektionen nicht unüblich.
- von
- Gabriela Graber
- Fee Anabelle Riebeling
Darum gehts
Joel K. (15) aus Zürich hat insgesamt fünf Corona-Erkrankungen hinter sich.
Bisher habe er glücklicherweise keine merklichen Langzeitfolgen davongetragen.
«Mit jeder Mutation des Virus steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man sich erneut angesteckt», sagt Infektiologe Andreas Cerny.
Der kürzeste beobachtete Abstand zwischen zwei Infektionen liegt bei 20 Tagen.
«Fünf Mal hatte ich bisher Corona. Niemand meiner Freundinnen und Freunde hatte sich so oft mit Covid angesteckt», erzählt der 15-jährige Joel K.* aus Zürich. Das erste Mal sei er Anfang 2020 krank geworden. Danach habe er sich fast im Halbjahrestakt immer wieder angesteckt – letztmals vor fünf Wochen. «Die letzte Infektion war zum Glück nicht so schlimm. Bei den anderen verbrachte ich meist zwei bis vier Tage im Bett, hatte Gliederschmerzen, Fieber, Halsweh und war so schlapp, dass ich mich kaum bewegen konnte.»
«Habe ich ein schwaches Immunsystem?»
Bei seiner ersten Infektion sei er so weggetreten gewesen, dass sein Vater seinen Hausarzt kontaktierte. «Er gab Joel fiebersenkende Mittel und Lutschtabletten. Zum Glück ging es ihm dadurch besser», erzählt Vater F.K.*. Danach habe Joel in seinem Zimmer die Quarantäne abgesessen, gegamt, Filme geschaut – und sich gelangweilt.
«Es war sehr mühsam – insgesamt habe ich mehrere Wochen in der Schule gefehlt», erzählt Joel. Seine häufigen Infektionen findet er seltsam: «Hatte ich Pech? Oder habe ich ein schwaches Immunsystem?» Er habe vorher nie gesundheitliche Probleme gehabt. Auch die Hygienemassnahmen habe er eingehalten, erzählt er. «Bei jeder Infektion wurde ich noch ein Stück vorsichtiger.»
Reinfektionen mit Covid-19
Meist sind Genesene bis zu drei Monate nach der Erkrankung relativ immun, danach steigt die Wahrscheinlichkeit, sich wieder mit dem Corona-Virus zu infizieren. Wenn neue Virusvarianten entstehen, kann sich dieser Zeitraum verkürzen. Der kürzeste beobachtete Abstand zwischen zwei Infektionen liegt bei 20 Tagen. Etwa in Grossbritannien liegt der mittlere Abstand zwischen zwei Erkrankungen bei 343 Tagen.
Quellen: Natural Library of Medicine, Riffreporter.de
«In der Schule waren die Kinder dem Virus ausgeliefert»
Seine Eltern F.K. und H.K. machten sich grosse Sorgen um ihren Sohn, als dieser sich wieder und wieder ansteckte. «Vier mal hat er sich in der Schule infiziert. Die Kinder waren dem Virus dort völlig ausgeliefert. Massnahmen wurden oft erst eingeführt, nachdem viele Schülerinnen und Schüler schon krank geworden waren.»
«Wir hatten auch Angst, dass er Long Covid bekommen würde», erzählt F.K. Heute gehe es Joel gut – ohne merklichen Langzeitfolgen. «Ein grosses Glück», so der Vater. Auch Joels Geschmackssinn sei wieder zurückgekehrt – bis vor kurzem habe er nur süss und salzig schmecken können.
Vier der fünf PCR-Testresultate von Joel liegen 20 Minuten vor. Das fünfte Testresultat hat er nicht erhalten, da es bei einem Pool-Test in der Schule anfiel und den Eltern nicht ausgehändigt wurde. Joel ist einmal geimpft – aufgrund seiner Infektionen hat er seinen zweiten Impftermin nie wahrnehmen können. Laut BAG kann die Auffrischimpfung erst ab vier Monaten nach einer bestätigten Infektion mit dem Coronavirus gemacht werden.
«So häufige Infektionen in dem Alter sind gar nicht so aussergewöhnlich»

Andreas Cerny, Tessiner Infektiologe
Womit können so häufige Reinfektionen zusammenhängen?
Gerade junge Menschen, die dem Virus in der Schule, beim Sport oder sozialen Aktivitäten stark exponiert sind, können sich leicht anstecken. So häufige Infektionen in dem Alter sind also gar nicht so aussergewöhnlich.
Wie oft kann man sich anstecken?
Das Coronavirus hat mit jeder neuen Variante Wege gefunden, um in den Körper einzudringen. Grundsätzlich steigt deshalb bei jeder Mutation des Virus die Wahrscheinlichkeit, dass man sich erneut angesteckt.
Was machen so häufige Ansteckungen mit dem Körper?
Während akuten Infektionen gibt es eine vorübergehende Schwächung der Immunität gegenüber anderen Infektionen. Doch auf Dauer wird das Immunsystem nicht geschwächt. Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass ein Teil der Infizierten sichtbare Veränderungen am Hirn erleiden. Was dies genau bedeutet, ist nicht ganz klar.
Was ist mit Long Covid?
Long Covid, das sich beispielsweise mit Husten, Erschöpfung, Nebel im Hirn, Verlust von Geschmacks- oder Geschmacksinn und anderem äussert, kann nach sowohl nach leichten wie auch nach schweren Corona-Infektion auftreten. Deshalb ist es ratsam, sich weiterhin im möglichen Rahmen zu schützen.
Was würden Sie Joel empfehlen?
Ich hätte ihm vorgeschlagen, eine Maske zu tragen, doch das ist derzeit zu stigmatisierend. Deshalb würde ich ihm nahelegen, mit seinem Hausarzt zu reden, um allfälligen Immunmängeln auf die Schliche zu kommen. Es kann gut sein, dass ihm der Hausarzt eine Impfung mit dem bivalenten Impfstoff empfehlen wird.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Long Covid?
Hier findest du Hilfe:
Long Covid Kids Schweiz, Selbsthilfegruppe für betroffene Kinder und Jugendliche und deren Eltern
Altea, Long-Covid-Netzwerk Schweiz
Long Covid Schweiz, Verein von Betroffenen für Betroffene
Verband Covid Langzeitfolgen, Anlaufstelle für rechtliche Fragen rund um Long Covid
Rafael, interaktive Informations- und Austauschplattform vom Unispital Genf (französisch)
Health4Future, digitale Plattform zur Erschliessung von Long Covid
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