Innerschweizer Fussballverband: Kicker und Trainer an den Webpranger gestellt

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Innerschweizer FussballverbandKicker und Trainer an den Webpranger gestellt

Unsportlichkeiten, rote Karten, Gewalt: Die Vergehen von Innerschweizer Fussballern und Trainern sind im Netz für jeden einsehbar. Der Datenschutz kritisiert dies scharf. Und Sie?

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Innerschweizer Fussballspieler, Trainer und Funktionäre, die wegen unsportlichem Verhaltens sanktioniert werden, werden mit vollem Namen auf einer Liste im Internet des Innerschweizer Fussballverbandes erfasst.

Innerschweizer Fussballspieler, Trainer und Funktionäre, die wegen unsportlichem Verhaltens sanktioniert werden, werden mit vollem Namen auf einer Liste im Internet des Innerschweizer Fussballverbandes erfasst.

«Für mich ist das unverständlich», ärgert sich ein Innerschweizer Trainer* eines Fussball-Unterligisten. In der Vorrunde wurde er in einem Meisterschaftsspiel aus der Technischen Zone verwiesen. Als Strafe musste er 100 Franken bezahlen. Diese Bestrafung ist nun für jeden im Internet nachzulesen. «Jemand, der es liest, ohne die Fakten zu kennen, denkt sich: Was ist denn das für ein Trainer? Ich weiss nicht, was das bringen soll, dass mein Name noch in Jahren in Verbindung mit einer Sanktion nachzulesen ist, weil ich mich mal in einem Spiel nicht ganz korrekt verhalten habe.»

Der Betroffene ist nur einer von dutzenden Trainern, Spielern oder Funktionären, die vom Innerschweizer Fussballverband (IFV) jährlich mit einer Busse sanktioniert werden und deren Sünden samt vollem Name auf der IFV-Website publiziert werden. Meist handelt es sich um kleinere Vergehen wegen unsportlichen Verhaltens. In Einzelfällen sind aber auch Tätlichkeiten erfasst. In anderen Verbänden, etwa im Aargauischen oder der Nordwestschweiz, werden die Sanktionierten nicht namentlich genannt.

Kritik vom Datenschützer

Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Francis Meier kritisiert den IFV scharf: «Aus datenschutzrechtlicher Sicht stellt die Veröffentlichung der Namen von sanktionierten Spielern, Funktionären und anderen Personen im Internet ohne deren Einwilligung einen erheblichen Eingriff in deren Persönlichkeit dar.» Dies sei auch so, weil die Daten dort weltweit zugänglich seien und beliebig verknüpft werden könnten. Ob ein solcher Eingriff gerechtfertigt sei hänge unter anderem vom Zweck ab, den der Verband damit verfolge, und ob dieser auch mit milderen Mitteln zu erreichen wäre. «Zum Durchsetzen der Sanktionen würde es wohl auch genügen, wenn man die gebüssten Personen in einer internen Datenbank vermerkt», erklärt Meier. «Nicht zulässig ist es, wenn Verband oder Verein die Namen veröffentlichen, um die sanktionierten Personen an den Pranger zu stellen.»

Ziel: «Abschreckende Wirkung»

Laut Markus Berwert, Präsident der Wettspielkommission beim IFV, soll die Veröffentlichung der Namen eine abschreckende Wirkung haben. Er räumt aber auch ein: «Wir sind uns bewusst, dass es datenschutzrechtliche Probleme geben kann, haben bis jetzt aber positive Erfahrungen gemacht und sehen keinen Handlungsbedarf.»

Auch IFV-Präsident Urs Dickerhof stellt sich hinter die Praxis. Die Veröffentlichung der Namen habe einen «Erziehungsfaktor». Es gehe darum, dass man wisse, dass man nach einem Vergehen auf dieser Sanktions-Liste lande. «Gerade im Juniorenfussball haben wir eine grosse Verantwortung, da müssen wir Massnahmen ergreifen können. Die Liste kann vielleicht helfen, das eine oder andere Vergehen zu verhindern.»

Vor 15 Jahren habe man damit begonnen, die Vereine schriftlich über die Sanktionen zu informieren. Laut Dickerhof war es der Wunsch etlicher Vereine, diese Liste direkt auf die IFV-Plattform zu stellen, damit der Zugriff einfacher werde. Nach einem Fall im letzten Herbst, der in den Medien für Aufsehen sorgte, habe man sich mit dem Vorgehen befasst und sich bewusst entschieden, daran nichts zu ändern. Es sei das erste Mal gewesen, dass Kritik an dieser Praxis geäussert worden sei. «Es ist aber auch im Interesse vieler Vereine, dank der Liste später feststellen zu können, ob nach Vorkommnissen an ihren Spielen auch tatsächlich Sanktionen durchgesetzt wurden», sagt er.

* Name der Redaktion bekannt

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