Projekt Hanfverkauf in Bern: Kiffer sollen ihr Gras in der Apotheke bekommen

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Projekt Hanfverkauf in BernKiffer sollen ihr Gras in der Apotheke bekommen

15 Berner Apotheken wollen bald Marihuana verkaufen – und das ganz legal. Apotheker Silvio Ballinari hat bereits Platz in seinem Gestell freigeräumt.

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Silvio Ballinari führt seine Apotheke an der Gesellschaftstrasse schon seit 35 Jahren. Er will schon bald kontrolliert Cannabis verkaufen.

Silvio Ballinari führt seine Apotheke an der Gesellschaftstrasse schon seit 35 Jahren. Er will schon bald kontrolliert Cannabis verkaufen.

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«Cannabis wird so oder so konsumiert, wieso also die Abgabe nicht kontrollieren?», sagt Silvio Ballinari. Er ist einer von 15 Berner Apothekern, die kontrolliert Cannabis verkaufen wollen. «Ich habe bereits eine Schachtel reserviert und weiss genau, welchen Platz sie in meinem Gestell erhält», sagt er.

Hintergrund des ungewöhnlichen Vorhabens ist ein Pilotprojekt der Stadt Bern, das aktiv vom Gemeinderat vorangetrieben wird. Dieser will demnächst der kantonalen Ethikkommission ein Gesuch für Hanfabgabe einreichen, um die Idee in die Tat umzusetzen.

Dafür mussten zuerst Apotheker gewonnen werden – überraschenderweise war das kein Problem: Als das Projekt an einer Versammlung des Stadtbernischen Apothekervereins vorgestellt wurde, hätten 15 von 40 Apothekerinnen und Apothekern ihr Interesse signalisiert.

Apotheke ist der geeignetste Ort

Einer davon ist die Zähringer Apotheke Ballinari an der Gesellschaftstrasse. Inhaber Silvio Ballinari war von Anfang an vom Projekt überzeugt. Von Verboten hält er nicht viel – die Leute würden sich ja sowieso nicht daran halten.

Ballinari sieht die Apotheke als den geeignetsten Ort, um kontrolliert Cannabis abzugeben: «Wir haben das nötige Wissen und die benötigte Logistik.» In seiner Jugend habe Ballinari selbst «auch schon Erfahrungen mit Gras gemacht».

Der Präsident der Stadtberner Apotheken (Stave), Martin Emch, hat ebenfalls Interesse am Projekt signalisiert. «Die aktuelle Situation mit dem Schwarzmarkt ist nicht akzeptabel», so Emch. Das Projekt biete die Möglichkeit, auf legale Art an Cannabis zu kommen und deren Auswirkungen zu untersuchen, was er unterstütze.

Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen

Studienleiter ist Professor Matthias Egger, Direktor des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern. «Ich habe mit weniger Interesse gerechnet und bin positiv überrascht, dass doch einige Apotheken ihr Interesse bekundet haben», sagt er.

Es gibt allerdings auch Gegner der Idee. So spricht sich etwa Alex Grogg, Inhaber der Christoffel Apotheker, gegen das Projekt aus: Mit einem solchen Schritt werde «das Vertrauen in die Apotheken stark strapaziert», sagt er im Pharma-Journal. «Mir scheint, dass hier die Apotheken für politische Zwecke missbraucht werden und ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzten.»

Frühestens Ende 2017 soweit

Im März stellte die Stadt Bern ihr Pilot-Projekt vor. Mit dem Versuch möchte sie herausfinden, welche Auswirkungen auf das Konsum- und Kaufverhalten die kontrollierte Abgabe von Cannabis hätte. Auch das Befinden der Studienteilnehmer soll damit untersucht werden. Bis es allerdings so weit ist, kann es noch etwas dauern: «Wenn alles gut läuft, kann die Studie Ende 2017 oder Anfang 2018 starten», so Egger.

Zur Studie

Wer im Auftrag der Stadt kiffen will, muss einige Kriterien erfüllen: Studienteilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sei und Wohnsitz in der Stadt Bern haben. Wer schwanger oder in psychiatrischer Behandlung ist, wird nicht berücksichtigt. Auch muss die Person bestätigen, bereits regelmässig Cannabis zu konsumieren.

Damit ein Proband nicht mit der Justiz in Konflikt kommt, wird ihm für den zweieinhalbjährigen Versuch ein extra angefertigter Ausweis ausgehändigt. Dieser erlaubt, das Cannabis in Apotheken zu kaufen und zuhause zu konsumieren. Pro Einkauf sollen ein bis zwei Gramm, monatlich maximal 15 Gramm eingekauft werden können. (aha)

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