Klangspiele
Seit Geburt der Videospiele gehört die Musik als fester Bestandteil dazu und sorgt als Game-Soundtrack für eine charakteristische Note. Ein Blick in den Liederdschungel.
Auf dem Bildschirm ist die Party los. Fette Beats dröhnen aus den Lautsprechern, während sich die Sims in «The Urbz: Sims in the City» gekonnt zu den eingängigen Songs bewegen. Der Spieler wippt mit seinem Kopf im Takt dazu und summt die bekannten Strophen der Lieder gleich mit. Absolut kein Problem, denn die Ohrwürmer werden ja im Radio als Hits der Black Eyed Peas gleich mehrmals am Tag gesendet. Und wer beim Spiel genau hinschaut, erkennt sogar die einzelnen Bandmitglieder wieder – Marketing in reinster Form.
Das war nicht immer so. Schon die ersten Videospiele in den Siebzigerjahren vermochten das Spielgeschehen akustisch zu vermitteln, doch die nervösen Piepstöne konnten kaum als Musik betitelt werden und passten entsprechend gut zum damaligen, eher schlechten Image der Videospiele. Zur Zeit des Nintendo Entertainment System, besser bekannt als NES, besserte sich die Situation Mitte der Achtzigerjahre hörbar, und die eingängigen Melodien von Super Mario, Zelda oder Final Fantasy besitzen noch heute einen hohen Wiedererkennungsgrad. Anfang der Neunziger fanden dank dem Amiga dann auch die ersten Stimmen den Weg ins Videospiel, und für Sensible World Soccer wurde sogar ein eigenes Lied komponiert («Goal Scoring Superstar Hero»). Doch obwohl in Hits wie Xenon 2 oder Gods sogar schon kommerzielle Sounds integriert wurden, zeigte sich die Musikindustrie noch immer desinteressiert.
Mit dem Aufkommen der CD-Rom und guten Soundkarten änderte sich diese Haltung aber schnell – auf einmal wurden Musikhits in den Videospielen wiederverwertet, vor allem in den weitverbreiteten Sport- und Rennspielen. Mit dem steigenden Bekanntheitsgrad der elektronischen Spiele interessierten sich zudem immer mehr Komponisten für dieses lukrative Umfeld. So hat sich beispielsweise der weithin unbekannte Michael Land als Vater vieler Soundtracks zu bekannten Lucas-Arts-Titeln wohl für immer auf dem Spiele-Olymp verewigt.
Bei uns etwas weniger bekannt, aber in Japan schon länger der absolute Renner sind die Soundtracks zur Serie Final Fantasy, die seit diesem Jahr sogar im
iTunes-Shop von Apple erhältlich sind. Und seit einigen Jahren touren das London Symphony Orchestra und das Filmharmonic Orchestra aus Prag gar erfolgreich mit einem kompletten Programm aus Titeln zu Videospielen.
Wie gross das kommerzielle Potenzial einer einst belächelten Sparte wirklich ist, zeigen heute Bands wie die erwähnten Black Eyed Peas (Urbz) oder 50 Cent (Bulletproof) mit ihrem Spiel-Engagement – oder Firmen wie Electronic Arts, die gleich ein eigenes Musik-Label gründen.
Michel Pescatore