Klimastreik-Gruppe wollte Kantonsschule Enge besetzen

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Kantonsschule EngeGymi-Besetzung beendet – Bildungsdirektorin für Gespräche bereit

Mehrere Dutzend Personen wollten am Dienstag die Kantonsschule Enge besetzen. Nur: Die Schule war informiert, verschiedene Lehrpersonen erwarteten die Gruppe bereits.

Daniel Krähenbühl
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Daniel Krähenbühl

Der Schulbetrieb könne aufrechterhalten werden, sagt Moritz Spillmann, Rektor der Kantonsschule Enge. 

20 Minuten/Raimond Lüppken

Darum gehts

  • Mehrere Klimastreikende wollten in die Kantonsschule Enge eindringen.

  • Vor Ort wurden sie allerdings bereits erwartet. 

  • Die Schule stellt den Schülerinnen und Schülern nun Räume zur Verfügung. 

  • Die Schülerinnen und Schüler können frei entscheiden, ob sie heute am Unterricht teilnehmen wollen oder am Protest der Klimastreikenden.

«Die Erde brennt: Das System, für welches wir ausgebildet wurden, hat keine Zukunft»: Unter diesem Motto wollte am Dienstagvormittag eine Gruppe des Bündnisses «Erde brennt» die Kantonsschule Enge besetzen. Nur: Die Schule war über die Pläne der Klimastreikenden eingeweiht – wohl auch, weil die Gruppierung über Social Media zur Besetzung aufgerufen hatte. 

Laut dem freien Journalisten Raimond Lüppken erwarteten mehrere Lehrpersonen und der Schulrektor Moritz Spillmann die Schüler bereits, die Schule stellte den Klimastreikenden zudem auch mehrere leere Klassenzimmer zur Verfügung, in welchen nun «Gesprächsrunden» stattfinden sollen. «Das ist der Sinn und Zweck einer Bildungsinstitution, dass wir immer in den Dialog gehen und gewisse Protestmöglichkeiten ermöglichen», sagt Spillmann.

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Bildungsdirektorin Silvia Steiner wird als «Silvia Stoner» karikiert. Laut dem Sprecher der Bildungsdirektion ist sie zu Gesprächen mit den Besetzenden bereit. 

Bildungsdirektorin Silvia Steiner wird als «Silvia Stoner» karikiert. Laut dem Sprecher der Bildungsdirektion ist sie zu Gesprächen mit den Besetzenden bereit. 

Raimond Lüppken
Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern wollte am Mittwoch die Kantonsschule Enge besetzen.

Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern wollte am Mittwoch die Kantonsschule Enge besetzen.

Raimond Lüppken
Vor Ort wurden sie allerdings schon erwartet. 

Vor Ort wurden sie allerdings schon erwartet. 

Raimond Lüppken

Für die Schule sei es sehr wichtig, nicht direkt in eine Abwehrhaltung zu gehen, sagt Spillmann. «Wir haben gewusst, es findet statt – haben auch die Social-Media-Posts verfolgt. Zudem haben wir auch Schülerinnen und Schüler, die aktiv dabei sind. Von daher war bald klar gewesen, dass wir im Fokus stehen.» Die Anliegen könne er nachvollziehen: «Das sind Themen, die die Schülerinnen und Schüler, aber auch die Schule beschäftigen.» Bedauerlich finde er aber, dass nicht vorgängig miteinander über die Thematik diskutiert wurde. «Aber das ist das Vorrecht der Jugend, dass sie die Form des Protests selbst bestimmen kann.»

Wandel zu einem sozialen Bildungssystem gefordert

Derzeit hängen die Klimastreikenden Banner in der Schule auf, Musikboxen werden in die Klassenzimmer gebracht, laut dem Journalisten vor Ort ist die Stimmung gut. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden nun individuell, ob sie am Dienstag am regulären Unterricht teilnehmen wollen – oder am Protest der Klimastreikenden mitmachen und damit unerlaubt schwänzen. Auch ein Transparent der «Revolutionären Jugend Zürich» hängt mittlerweile im Schulhaus. Laut dem Nachrichtendienst des Bundes handelt es sich bei der «Revolutionären Jugend Zürich» (RJZ) um eine gewalttätige Gruppe aus der linksextremen Szene.

Vor Ort geplant sind verschiedene Workshops und Ausbildungen: etwa ein offenes queerfeministisches Plenum mit der LGBTIQ-Aktivistin Anna Rosenwasser, ein Austausch mit der Umweltaktivistin Julia Steinberger oder ein Input der Juso «über Bildung und was das mit Macht zu tun hat». Zudem gibt es auch Kurse fürs Malen von Transparenten und Plakaten, fürs Häkeln und Stricken oder für den Siebdruck.

Der geplante Ablauf.

Der geplante Ablauf.

Raimond Lüppken

«Der Leistungsdruck ist zu hoch»

Laut den Klimastreikenden bildet das derzeitige Bildungssystem für «ein ausbeuterisches und klimazerstörendes Wirtschaftssystem» aus. Gefordert wird deshalb ein Wandel hin zu einem ökologischen und sozialen Bildungssystem. «In einer Zeit von multiplen Krisen wie der Klimakrise, der extremen sozialen Ungleichheit und Krieg müssten diese enormen Herausforderungen in der Schule einen angemessenen Raum erhalten», schreiben die Besetzenden in einer Mitteilung.

Zusätzlich belasteten diese Krisen die mentale Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, was durch den Leistungsdruck an Schulen und Unis weiter verstärkt werde. «Die Bewegung fordert daher neben einer Senkung des Leistungsdrucks einen Ausbau der psychologischen Betreuung an Bildungsinstitutionen», so die Klimastreikenden. «Der Leistungsdruck an Schulen und Unis ist zu hoch. Die mentale Belastung ist nicht zumutbar», sagt Noé Lohm von «Erde brennt».

Offener Brief an Steiner

Es bringe ihnen nichts, über die Antike zu lernen, wenn sie die Kriege und Krisen unserer Zeit nicht verstehen würden, sagt Lohm. «Themen wie Klimakrise, soziale Ungleichheit und Queerfeminismus sollen ihren Platz finden – denn die Jugend soll schliesslich dafür ausgerüstet werden, die Herausforderungen dieser Zeit zu bewältigen.»

Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner wird explizit dazu aufgefordert, vor Ort in der Kantonsschule Stellung zu beziehen. «Das Zürcher Bildungssystem versagt dabei, uns die Fähigkeiten zum Bestehen in einer Welt der Krisen zu vermitteln», sagt Sky von «Erde brennt». Dies falle in die Verantwortlichkeit der Bildungsdirektorin. Zudem richtet sich das Kollektiv in einem offenen Brief an Steiner. Unterzeichnet wurde dieser unter anderem vom Kollektiv Kritische Lehrpersonen, Klimastreik Zürich und «Initiative LützerathLebt».

Steiner zu Gesprächen bereit

In der Nacht auf Mittwoch haben die Aktivistinnen und Aktivisten die Besetzung der Kantonschule Enge beendet, schreibt Klimastreik Schweiz in einer Medienmitteilung am Mittwoch. Nach langen Verhandlungen mit der Schulleitung seien die für den Schulbetrieb blockierten Zimmer freigegeben worden. Die Klimaaktivistinnen und Aktivisten betonen allerdings, dass der Einsatz für ein soziales und klimagerechtes Bildungssystem damit nicht vorüber ist. «Dies war erst der Anfang»

Gegenüber den Aktivistinnen und Aktivisten habe sich Bildungsdirektorin Silvia Steiner zu einem Gespräch bereit erklärt. Wie Daniel Wirz, Mediensprecher bei der Bildungsdirektion auf Anfrage mitteilt, sei Frau Steiner gerne bereit, mit einer Delegation der Schülerinnen und Schülern ein Gespräch zu führen. Dies zu einem Zeitpunkt, der für beide Seiten möglich sei. «In diesem Gespräch können auch die Forderungen der Schülerinnen und Schüler thematisiert werden.»

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