Junge Grüne«Knapp an AKW-Unfall vorbeigeschrammt»
Für die Jungen Grünen zeigt das jüngste Erdbeben, dass die AKW nicht sicher sind. Doch laut den Behörden halten sie gar Jahrtausend-Erschütterungen stand.
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- pam/ jbu
Kurz nach 21 Uhr bebte gestern die Erde mit einer Stärke von 4,6 auf der Richterskala. Während im Gebiet des Epizentrums, im Kanton Schwyz, Dutzende besorgte Bürger bei der Polizei anriefen, zeigen sich auch die Jungen Grünen alarmiert: Sie befürchten, dass die «altersschwachen Nuklearkraftwerke» nur ungenügend vor Erdbeben geschützt sind und die Schweiz deshalb mit dem gestrigen Vorfall nur «knapp an einer Atomkatastrophe vorbeigeschrammt ist».
Das Erdbeben von gestern zeige die Gefahren der Atomkraft ein weiteres Mal auf – denn die Atomkraftwerke Mühleberg, Beznau 1 und 2 seien nur für Erdbeben der Stärke 5 gebaut worden, schreiben die Jungen Grünen in einer Mitteilung. Daran ändere auch nichts, dass die alten AKW nachgerüstet worden seien. «Besonders Beznau, das älteste AKW der Welt, stellt eine fundamentale Gefahr für die Bevölkerung dar», so Co-Präsident Luzian Franzini.
Neue Vorgaben seit 2016
Sebastian Hueber, Kommunikationschef beim Eidgenössischen Nuklearinspektorat Ensi, hält fest, die Behauptungen der Jungen Grünen träfen nicht zu: «Kernkraftwerke gehören zu den erdbebensichersten Gebäuden der Schweiz. Zudem ist Erdbeben nicht gleich Erdbeben.»
Entscheidend für die Sicherheit der AKW sind laut Hueber verschiedene Faktoren, etwa wo sich das Epizentrum des Bebens befinde, wie tief dieses liege und wie stark das Beben sei. «Dabei gibt es zwischen einem Beben der Stärke 4,7 und einem der Stärke 5 noch einen beträchtlichen Unterschied.»
Hueber verweist darauf, dass die Kernkraftwerke bereits mehrfach nachgewiesen haben, dass sie einem extrem seltenen starken Erdbeben Stand halten. Das Ensi habe aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse erst letztes Jahr strengere Vorgaben für die Erdbebensicherheit der Schweizer Kernkraftwerke erlassen. «Bis 2020 müssen die Betreiber in drei Schritten nachweisen, dass ihre Anlagen auch diesen Gefährdungsannahmen standhalten.»
Schweizer AKW hielten Erdbeben der Stärke 7 stand
Die Rede ist von einem Erdbeben, wie es nur alle 10'000 Jahre einmal vorkommt. Doch wie stark ist ein solches verglichen mit dem gestrigen? Hueber: «Wie bereits erwähnt, spielt nicht allein die Magnitude des Erdbebens eine Rolle. Es kommen viele andere Faktoren wie die Distanz zum Epizentrum hinzu, weshalb es nicht zulässig wäre, hier eine einzige Zahl zu nennen.»
Konkreter wurde nach dem Super-GAU in Fukushima Georg Schwarz vom Ensi: Gegenüber der «Aargauer Zeitung» erklärte er, dass ein solches Jahrtausend-Erdbeben «vereinfacht gesagt» etwa einem Beben der Stärke 7 entspricht.
Beim Nachweis der Erdbebensicherheit geht es laut Hueber insbesondere um kritische Komponenten wie die Kontrolle der Reaktivität, die Kühlung oder den Einschluss der Radioaktivität. «Basierend auf Kenntnissen über die Materialien wird berechnet, ob sie die nötigen Belastungen aushalten.»
Die Ausführungen beruhigen Franzini von den Jungen Grünen nicht. Er fordert, dass das Ensi den AKW-Betreibern Druck macht, damit die neuen Sicherheitsnachweise «möglichst rasch», also vor 2020, erbracht werden. «Jeder Tag, an welchem diese uralten Nuklearwerke weiterlaufen, ist die Bevölkerung in Gefahr», so Franzini.