Drug-Checking in BernKoks und Ecstasy werden immer unberechenbarer
Die Berner Drogen-Infoseite Raveitsafe.ch wird derzeit überrannt – auch aus dem Ausland. Kein Wunder: Fachleute warnen vor gefährlichen Stoffen in Ecstasy-Pillen und Kokain.
- von
- sul
Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Ecstasy, Kokain, Amphetamine und Co. Das zeigen die Besucherzahlen auf der von der Stiftung für Suchthilfe Contact betriebenen Internetseite Raveitsafe.ch, die über verschiedene Drogen informiert und Warnungen zu getesteten Substanzen herausgibt. In den Monaten Januar bis April seien diese gegenüber dem Vorjahr um zwei Drittel angestiegen, wie Contact in einer Mitteilung schreibt.
Hat der Konsum von Freizeitdrogen innerhalb eines Jahres derart stark zugenommen? Contact-Geschäftsleiterin Rahel Gall winkt ab: «Diesen Zusammenhang sehe ich nicht.» Die höheren Klickzahlen dürften unter anderem auf die vermehrten Zugriffe aus dem Ausland zurückzuführen sein, sagt die Sozialarbeiterin. So komme fast jeder dritte User aus Deutschland.
«Schweiz hat Pionierrolle»
Kein Wunder: Die Drug-Checking-Debatte ist in Deutschland in vollem Gang. Das Angebot, dass eine offizielle Stelle etwa Pillen vom Schwarzmarkt chemisch analysiert und die Ergebnisse publik macht, gibt es bei unserem nördlichen Nachbarn noch nicht. Er ist daher auf die hiesigen Ergebnisse angewiesen. «In Sachen Drug Checking nimmt die Schweiz eine Pionierrolle ein», sagt Gall. Weil vermehrt deutsche Medien unter Verweis auf das helvetische Angebot über Drug Checking berichten, hätten einschlägige Internetportale wie Raveitsafe.ch mehr Zulauf.
Die im laufenden Jahr mit Abstand beliebteste Raveitsafe-Unterseite ist die Information zu Codein, wie die Website-Statistik weiter zeigt. Sie wurde bereits 12'618 Mal aufgerufen, das zweitplatzierte Ecstasy nur 3821 Mal. Ende letzten Jahres war bekannt geworden, dass codeinhaltiger Hustensaft – ein beliebtes Rauschmittel bei Jugendlichen – dokumentationspflichtig wird. «Die Medienberichte haben bei vielen das Interesse an der Substanz geweckt», sagt Gall. Via Google seien sie dann unter anderem auch auf Raveitsafe gestossen.
Höhere Konzentration des Stoffs
Einen «Riesen-Trend» sieht die Contact-Frau im Codein aber nicht: «Es gab immer wieder Phasen, in denen Codein mehr und dann wieder weniger konsumiert wurde.»
Zugenommen hat in den letzen Jahren hingegen die Konzentration der Partydrogen. «Gerade in Ecstasy-Pillen und Kokain hat es immer mehr psychoaktive Substanzen drin», weiss Gall. Gleichzeitig gebe es grosse Schwankungen bei der Dosierung – ein Risiko, warnt Gall: «Die Konsumenten wissen nicht genau, wie viel MDMA in einer Ecstasy-Pille steckt – und folglich auch nicht, wie stark es einfährt.»
Contact lässt Drogeninfo-Zentrum DiB nicht fallen
Die auf Suchtfragen spezialisierte Berner Contact-Stiftung finanziert die Drogeninformations- und Substanzanalysestelle DiB neu aus eigenen Mitteln. Der Stiftungsrat hat entschieden, das vor fünf Jahren geschaffene Angebot nach einem Sparentscheid des Kantons Bern weiterzuführen.
In den Räumen des DiB an der Berner Speichergasse können Partygänger seit 2014 Partydrogen für eine Analyse des Inhalts abgeben. Sie müssen einen Fragebogen ausfüllen und erhalten von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern Informationen zu den Risiken ihres Drogenkonsums.
Bisher finanzierte der Kanton Bern dieses Angebot ganz oder teilweise. Der Grosse Rat des Kantons Bern entschied aber im Dezember 2017, Beiträge des Kantons Bern im Bereich Suchthilfe und mobile Schadensminderung zu streichen. Dies im Rahmen des grossen Entlastungspakets 2018 mit seinen gut 150 Sparmassnahmen. (sda)