TürkeiKopftuch-Streit flammt neu auf
In der Türkei flammt der Streit um das islamische Kopftuch wieder auf. Das Verfassungsgericht in Ankara begründete, weshalb es die Freigabe des Kopftuches für Studentinnen an den Universitäten des Landes gestoppt hatte.
Mit einer Mehrheit von neun gegen zwei Stimmen hatten die Richter im Juni eine vom Parlament mit grosser Mehrheit verabschiedete Verfassungsänderung gekippt. Die Kopftuchfreiheit verstosse gegen das Prinzip des Laizismus, erklärten die Richter jetzt in ihrer 20-seitigen Begründung, wie Zeitungen und Fernsehsender meldeten.
Kritiker warfen den Richtern vor, das Parlament entmachtet zu haben. Dieses hatte im Februar mit den Stimmen der religiös- konservativen Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und der rechtsnationalen Oppositionspartei MHP beschlossen, Studentinnen das Tragen des Kopftuches auf dem Uni- Gelände zu erlauben.
Als politisches Symbol missbraucht
Das Verfassungsgericht kam in seinem Urteil aber zu dem Schluss, dass die Neuregelung das Kopftuch als politisches Symbol missbrauche und dazu führen könnte, dass Druck auf Frauen ausgeübt werde, die ihr Haar nicht verhüllen.
Das Kopftuch-Gesetz sei zudem ein offener Angriff auf die türkische Verfassung, die Änderungen am Leitprinzip des Laizismus ausdrücklich untersage. Regierungsnahe Zeitungen warfen dem Gericht am Mittwoch vor, es habe selbst gegen die Verfassung verstossen und das Recht des Parlaments verletzt, Gesetze zu erlassen.
In den kommenden Tagen will das Gericht auch die Begründung für sein Urteil im Verbotsprozess gegen die AKP veröffentlichen. Das Gericht hatte auf ein Verbot der Regierungspartei verzichtet, die AKP aber wegen islamistischer Tendenzen scharf verwarnt. Der Kopftuch-Streit spielte in dem Verfahren eine grosse Rolle.
(sda)