St. Margrethen: Kopftuchverbot: Kanton weist Rekurs ab

Aktualisiert

St. MargrethenKopftuchverbot: Kanton weist Rekurs ab

Die Eltern eines bosnischen Mädchens, die sich gegen ein Kopftuchverbot an der Schule in St. Margrethen gewehrt hatten, sind vor dem kantonalen Erziehungsdepartement abgeblitzt.

20M/sda
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In St. Margrethen SG wehrten sich die bosnischen Eltern dagegen, dass ihr Kind nicht mit einem Kopftuch in den Unterricht gehen durfte.

In St. Margrethen SG wehrten sich die bosnischen Eltern dagegen, dass ihr Kind nicht mit einem Kopftuch in den Unterricht gehen durfte.

Das Kopftuchverbot an der Schule in St. Margrethen sei zulässig: Zu diesem Schluss kommt das Erziehungsdepartement des Kantons St. Gallen, wie es am Donnerstag meldete. Der Kanton wies einen Rekurs gegen das Kopftuchverbot ab. Es wird einen Rechtsstreit geben.

Die aus Bosnien stammenden muslimischen Eltern wehrten sich dagegen, dass ihr Kind nicht mit einem Kopftuch in den Unterricht kommen durfte. Sie schickten ihre Tochter für einige Wochen nicht mehr zur Schule. Das Mädchen erarbeitete den Schulstoff zu Hause allein.

Langer Rechtsstreit

Gegen eine Verfügung des Schulrates, die das Tragen eines Kopftuches und anderer Kopfbedeckungen generell untersagt, legten die Eltern beim Erziehungsdepartement des Kantons St. Gallen Rekurs ein. Dieser Rekurs wurde nun vom Kanton abgewiesen mit der Begründung, mit der Schulordung könnten auch Grundrechte eingeschränkt werden.

Im November 2013 entschied das sankt-gallische Verwaltungsgericht, die Schülerin dürfe bis zum Abschluss des Verfahrens mit Kopftuch am Unterricht teilnehmen. Seither geht das Mädchen wieder zur Schule.

Der als fundamentalistisch geltende Islamische Zentralrat der Schweiz (IZRS) hat die Abweisung des Rekurses erwartet und nimmt ihn zur Kenntnis, wie er am Donnerstag mitteilte. Der IZRS zieht den Rekurs in Absprache mit der betroffenen Familie ans Verwaltungsgericht weiter. Bis zu einem rechtskräftigen Entscheid in der Sache darf das Mädchen mit dem Hijab zur Schule gehen.

Die SVP des Kantons St. Gallen verwies am Donnerstag auf eine hängige Motion beim Regierungsrat. Mit dieser will sie unziemliche und störende Kleidung, dazu gehört nach Meinung der Partei explizit auch das Kopftuch, aus dem Unterricht verbannen. Es sei höchste Zeit, dass die Frage nach Kopfbedeckungen mit einem kantonalen Gesetz geregelt werde. Zudem forderte die SVP die zuständigen Behörden auf, die Eltern des betroffenen Mädchens aus der Schweiz zu weisen: «Die Eltern zeigen keinerlei Bereitschaft, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren sondern verachten sie und geben an, gemäss der islamischen Scharia zu leben und ihre Kinder entsprechend erziehen zu wollen», schreibt die Partei.

Gerichtsentscheid

Die Eltern des Mädchens standen Anfang März vor dem Kreisgericht Rheintal, weil sie sich gegen einen Strafbescheid mit Bussen, Geld- und Freiheitsstrafen wegen Verletzung ihrer Erziehungs- und Fürsorgepflicht und wegen des Vorstosses gegen eine amtliche Verfügung und gegen das kantonale Volksschulgesetz gewehrt hatten.

Die Eltern wurden freigesprochen; sie hätten sich zu Recht auf die Religionsfreiheit berufen. Für die Freisprüche mitentscheidend war auch, dass die Eltern das Kopftuchverbot mit einem Rekurs anfochten. Sollte das Kopftuchverbot in der Schweiz gerichtlich bestätigt werden, würde die Sache anders aussehen, sagte der Einzelrichter.

Ungeklärte Rechtslage

Im Kanton St. Gallen hatte das Erziehungsdepartement unter Führung von Regierungsrat Stefan Kölliker (SVP) den Schulen eine Empfehlung abgeben, Kopftücher und Schirmmützen im Unterricht zu verbieten.

Die Schulgemeinden halten es unterschiedlich mit dieser Empfehlung. In Au-Heerbrugg setzten die Stimmbürger am 2. Februar in einer von der lokalen SVP erzwungenen Referendumsabstimmung ein Kopftuchverbot durch. Betroffen sind Mädchen aus Somalia. Auch in diesem Fall ist ein Rechtsstreit am Laufen. Ein Zürcher Anwalt vertritt die Familie.

Es handelt sich dabei um den Nationalrat Daniel Vischer (Grüne), der auch zwei mazedonische Familien aus dem thurgauischen Bürglen vertrat. Die Schulgemeinde Bürglen hatte eine Beschwerde der beiden Familien gegen ein Kopftuchverbot bis vor Bundesgericht gezogen.

Dieses wies die Beschwerde der Schulgemeinde Bürglen im Juli letzten Jahres ab. Die Grundsatzfrage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Kopftuchverbots an Schulen liess es aber offen.

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