Margrit Kessler (GLP)«Krankenkassen sollen Cannabis-Medis zahlen»
Der Bundesrat lässt die Wirksamkeit von Cannabis-Medizin prüfen. Laut Motionärin Margrit Kessler ist dies kein Schritt zum legalen Kiffen.
- von
- Rahel Landolt

Inhaltsstoffe der Hanfpflanze können Schmerzen lindern.
Frau Kessler, der Ständerat hat Ihre Motion, die Schwerkranken den Zugang zu Medikamenten auf Cannabis-Basis erleichtern will, gutgeheissen. Ein Durchbruch?
Absolut. Das ist eine sehr gute Nachricht für alle Patienten, die an schwerwiegenden Krankheiten wie Multiple Sklerose, Krebs und Aids leiden oder chromatische und rheumatische Schmerzen haben. Der Bundesrat wird damit beauftragt, im Rahmen eines Pilotprojekts den Einsatz von Cannabis als Schmerzmittel zu untersuchen. Besonders freut mich, dass der Ständerat die Motion einstimmig angenommen hat. Ständeräte wie der Präventivmediziner Felix Gutzwiler konnten ihre Kolleginnen und Kollegen offensichtlich von der Wirksamkeit besagter Medikamente überzeugen.
Wem können die Cannabis-Medikamente helfen?
Cannabinoide, also Cannabis-Wirkstoffe, lindern Schmerz und lösen Spasmen. Menschen, die an den erwähnten Krankheiten leiden, gewinnen dadurch enorm an Lebensqualität. Dass die Medikamente sehr wirksam sind, beweist nun eine Meta-Studie der American Medical Association, welche die Ergebnisse von über 6000 Studien zusammenfasst. Dies ist eine ganz grosse Sache und wird jeden Arzt überzeugen.
Wer will, kann die Medikamente bereits jetzt – mit einer Ausnahmebewilligung – erhalten. Reicht dies nicht?
Das Bewilligungsverfahren ist sehr kompliziert und kann Wochen dauern. Da Cannabis-basierte Medikamente oft im palliativen Bereich angewendet werden, ist der Patient oft verstorben, wenn die Bewilligung eintrifft. Das Ausstellen einer Magistralrezeptur schreckt Ärzte ab, zusätzlich sind sie verunsichert, ob die Medikamente etwas bringen oder nicht.
Was erwarten Sie nun vom Bundesrat?
Wir erwarten, dass der Bundesrat die Anwendung besagter Medikamente so schnell wie möglich prüft und daraus die Konsequenzen zieht. Sprich, dass der Arzt Medikamente auf Cannabis-Basis auf unbürokratischem Weg verschreiben kann und die Krankenkassen die Kosten tragen. Die Annahme der Motion haben sogar die Krankenkassen selbst gutgeheissen.
Gegner Ihrer Motion äussern Vorbehalte. Die Nebenwirkungen seien unklar und das Rauschgift THC des Cannabis wirke auf jeden Menschen sehr unterschiedlich. Deshalb sei jede einzelne Bewilligung zu prüfen.
Sehen Sie, das ist alles eine Frage der Dosierung – wie bei anderen Medikamenten auch. Wenn Sie etwa eine hohe Dosis Morphin abgeben, kann es zu einem Atemstillstand kommen und der Patient stirbt. In den Niederlanden, Deutschland und Kanada ist die Verabreichung eines bestimmten Cannabis-basierten Medikaments bereits gang und gäbe. Das Cannabis wird mit Öl gebunden und kann so sehr gut dosiert werden. Der Patient hat denn auch keinen Flash.
Im Gegensatz zum Ständerat haben sich einige Nationalräte im Juni noch gegen Ihre Motion ausgesprochen. SVP-Nationalrätin Verena Herzog bezeichnete Sie als Mitglied der Kiffer-Lobby und befürchtet, dass die Motion ein weiterer Schritt auf dem Weg zu legalem Kiffen ist.
Diesen Vorwurf kann ich absolut nicht nachvollziehen. Die Drogenpolitik und die Medizin sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Das Argument, dass die Erleichterung des Zugangs zu Medikamenten auf Cannabis-Basis ein Schritt zur Legalisierung von Cannabis sein soll, ist haltlos. Der Zugang zu Morphin ist selbstverständlich – Opium haben wir deswegen auch nicht legalisiert. Medikamente auf Cannabis-Basis sind schwierig zu erhalten, weil sie mit einer harten Drogenpolitik in Verbindung gebracht werden. So werden unbegründet Ängste geschürt.

Margrit Kessler ist Patientenschützerin und Nationalrätin der GLP.