Regierungspräsident«Kriminelle automatisch ausweisen – wohl kaum»
An der traditionellen Jahresmedienkonferenz sprach Regierungspräsident Hans-Jürg Käser über die Flüchtlings-Situation, die Durchsetzungsinitiative und die Finanzen.

«Der Kanton ist weiter auf die Solidarität der Gemeinden angewiesen», so Käser am Freitag.
Der bernische Regierungspräsident Hans-Jürg Käser ist betroffen vom Schicksal der zahlreichen Flüchtlinge. Die damit verbundenen Herausforderungen für den Kanton und die Gemeinden seien aber noch nicht gemeistert, sagte er am Freitag.
«Der Kanton ist weiter auf die Solidarität der Gemeinden angewiesen», führte Käser an der traditionellen Jahresmedienkonferenz des bernischen Regierungspräsidenten von Anfang Jahr aus. Der Flüchtlingsstrom über die Balkanroute werde – wohl anders als jener von Nordafrika über das Mittelmeer – auch in den strengen Wintermonaten kaum abreissen.
Gegen SVP-Initiative
Die grosse Zahl der Flüchtlinge habe den Kanton beinahe an seine Grenzen gebracht. «Wir waren zeitweise fast nicht mehr in der Lage, allen Menschen, die bei uns Schutz suchen, einen Platz an der Wärme anzubieten.» Mittlerweile seien fast 4000 Personen in rund 40 kantonalen Zentren untergebracht, sagte Käser am Anlass in seinem Wohnort Langenthal.
In diesem Zusammenhang betonte Käser die Bedeutung des Dialogs im politischen Prozess. Nach einem harzigen Start sei es gelungen, die Suche nach Unterkünften «im engen Kontakt» mit den Gemeinden voranzutreiben. Nun finde man sich auf Behördenstufe deutlich einfacher, «als ich es noch vor einem Jahr zu träumen wagte».
Schliesslich sprach sich Käser auch gegen die Durchsetzungsinitiative der SVP aus. «Wollen wir künftig wirklich ausländische Personen automatisch ausweisen, ungeachtet dessen, wie schwer die Tat war und wie hoch die Strafe ausfällt?», fragte er, und gab gleich die Antwort: «Wohl kaum.»
Dieser Meinung sei auch der Gesamtregierungsrat, sagte Käser. Es gebe «mehr als genug Argumente», die für ein Nein am 28. Februar sprächen. Er verwies etwa auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Ein Ja würde zudem das Bemühen der Berner Wirtschaft unnötig erschweren, zusätzliche Investoren und Fachkräfte zu finden.
Käser will zusätzliche Polizisten
Als weitere Herausforderung für den Kanton Bern bezeichnete Käser die Finanzen. Auch wenn für die kommenden Jahre Überschüsse budgetiert seien, brauche es weiterhin «eine Finanzpolitik der ruhigen Hand».
Angesichts des politischen Drucks für Steuerentlastungen werde es umso wichtiger sein, die Ausgaben «im Griff» zu behalten. Dies sei ein anspruchsvolles Unterfangen. Im Alters- und Behindertenbereich, im Gesundheitswesen und bei den Ergänzungsleistungen rechnet Käser mit steigenden Kosten.
Auf die Pläne der SVP-Regierungsratskandidaten angesprochen, beim Personal zu sparen, reagierte Käser ablehnend. Zumindest bei der Polizei sei angesichts der Überstunden eher ein Ausbau angezeigt. Er werde deshalb dem Regierungsrat 30 zusätzliche Stellen beantragen.
Generell seien die Löhne des Kantonspersonals zwischen 2004 und 2013 weniger stark gestiegen als die Durchschnittslöhne der Bundesangestellten. «Diese Entwicklung hat der Kanton in den letzten Jahren beim Rekrutieren gespürt.» Die positiven Lohnrunden der beiden letzten Jahre stimmten den Regierungsrat aber für die Zukunft zuversichtlich.
(sda)