Vorwürfe an UkraineKrimineller Kommandant schickte ausländische Soldaten in den Tod
In der Ukraine erheben ausländische Kämpfer schwere Vorwürfe gegen Kommandanten der Internationalen Legion. Einer soll nicht einmal Ukrainer, sondern ein gesuchter Krimineller aus Polen sein und Plünderungen und Selbstmordkommandos befohlen haben.
Darum gehts
«Wir sind nicht hierhergekommen, um genau das zu tun, was die verdammten Russen tun, wenn sie auf ukrainischem Boden sind», sagt ein brasilianischer Zugführer, der in der Ukraine im Freiwilligenverband der Internationalen Legion kämpft.
Mit anderen ausländischen Soldaten erhebt er im «Kyiv Independent» schwere Vorwürfe gegen die ukrainischen Vorgesetzten der Einheit: Sie hätten Plünderungen und Selbstmordkommandos befohlen, es sei zu sexueller Belästigung und Machtmissbrauch gekommen. Die Männer nennen namentlich drei Kommandanten, die ihre Macht missbraucht haben sollen.
Die Kritik betrifft auch die oberste Armeeführung und Präsident Wolodimir Selenski selbst. Die Kämpfer hatten in einem 78-seitigen Bericht den Missbrauch und Probleme in der Internationalen Legion benannt und übergaben diesen sowohl den Behörden wie auch dem Büro Selenskis. Offensichtlich ist bis heute nichts geschehen.
In Tod und Gefangenschaft geschickt
«Wir wurden buchstäblich zurückgelassen, und sie wollten uns nicht evakuieren», berichtet etwa ein amerikanischer Soldat von einem Einsatz nahe der südlichen Stadt Mykolajiw, als sie unter schweren Beschuss durch russische Truppen gekommen waren.
Die ukrainischen Truppen zogen sich hinter die Sekundärstellung zurück, die Ausländer hätten die Frontlinie allein halten müssen. Sein Kamerad Scott Sibley sei dabei getötet und drei weitere Soldaten schwer verletzt worden. Obwohl die russischen Truppen die ukrainische Stellung entdeckt hatten, sei einer weiteren Gruppe ihrer Einheit befohlen worden, dieselbe Stellung einzunehmen.
«Ich schämte mich, den Befehl auszuführen»
Es endete mit vier Toten, mehreren Verletzten und einem amerikanischen Kriegsgefangenen: Andrew Hill erwartet im pro-russischen Donezk nun ein Schauprozess und möglicherweise die Todesstrafe. Der Kommandant, der die ausländischen Legionäre in den Tod schickte, war gemäss den Aussagen ein gewisser Kommandant Sascha Kutschynski.
Die Vorwürfe sind happig: Der Kommandant bereichere sich am Waffenhandel, trinke stark, misshandle Untergebene, belästige Sanitäterinnen. Er habe auch angewiesen, ukrainische Geschäfte zu plündern: «Ich schämte mich, den Befehl auszuführen und vor den Anwohnern, die unter dem Krieg litten, Möbel und Wertgegenstände aus den Geschäften zu entfernen», schreibt ein französischer Kämpfer. Verweigerten Soldaten Kutschynskis illegale Befehle, drohte er ihnen.
Gesuchter polnischer Krimineller als Kommandant
Wie sich jetzt herausstellte, ist Sascha Kutschynski nicht einmal Ukrainer und dürfte deswegen gar keine Führungsaufgaben in der Armee wahrnehmen. Kutschynski ist noch nicht einmal der richtige Name des Mannes.
Den Recherchen von «Kyiv Independent» zufolge heisst er Piotr Kapuscinski und wird in seiner Heimat wegen Betrugs gesucht. Er floh in die Ukraine, landete dort im Gefängnis und konnte sich einer erneuten Haftstrafe wegen illegalen Waffenbesitzes nur entziehen, weil er der Armee beitrat, als der Krieg ausbrach.
Weiter auf seinem Posten
Mittlerweile haben die ausländischen Legionäre den Kommandanten wegen Machtmissbrauchs, Betrugs und Körperverletzung angezeigt. Doch obwohl der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) und die Militärstaatsanwaltschaft ermittelten, ist «Kutschynski» weiterhin auf seinem Posten und will sich nicht äussern.
Eine Reihe ausländischer Kämpfer habe die Internationale Legion wegen der Missstände mittlerweile verlassen, schreibt der «Kyiv Independent». Die, die weiter für die Ukraine kämpften, hofften auf Reformen auf der Führungsebene der Legion.