Seit Kriegsbeginn zahlte jeder Österreicher 550 Euro an Moskau

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KritikSeit Kriegsbeginn zahlte jeder Österreicher 590 Euro an Moskau

Die EU hat sich verpflichtet, sich von russischem Öl und Gas unabhängig zu machen. Nur in Österreich will das nicht wirklich klappen.

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Das dürfte den russischen Präsidenten Wladimir Putin freuen: Österreichs Bürger haben seit Kriegsbeginn durchschnittlich 590 Euro für russisches Erdgas ausgegeben – der höchste Wert in der gesamten EU.

Das dürfte den russischen Präsidenten Wladimir Putin freuen: Österreichs Bürger haben seit Kriegsbeginn durchschnittlich 590 Euro für russisches Erdgas ausgegeben – der höchste Wert in der gesamten EU.

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Darum gehts

  • Das neutrale Österreich verdiene indirekt an Russlands Krieg gegen die Ukraine, so der Vorwurf. 

  • Der Hintergrund: Wien kauft noch immer fast gleich viel russisches Gas wie vor dem Krieg.  

  • Dies steht im grossen Gegensatz zu anderen EU-Ländern. 

  • Auch zahlt in der EU niemand mehr für russisches Erdgas als Österreich.

  • «Das ist ein aussenpolitisches Problem, das auch innenpolitisch gehörig für Kritik sorgt», so eine Beobachterin. 

Die Gasspeicher in Österreich sind auch dank des milden Winters 2022 zu 91 Prozent voll, der kommende Winter dürfte kaum zum Problem werden. Doch das heisst nicht, dass das Thema vom Tisch ist, im Gegenteil.

Im Vergleich zu anderen EU-Staaten kauft Österreich immer noch fast so viel russisches Gas wie vor dem Angriff auf die Ukraine, nämlich 60 Prozent der gesamten Einkäufe.

Damit, so prangerte unlängst die «New York Times» an, finanziere Österreich als neutrales Land Russland und seinen Krieg gegen die Ukraine indirekt. Das sei ein schwerwiegender Vorwurf, der in Österreich auf gehörige Resonanz stosse, sagt Eva Linsinger vom österreichischen Politmagazin Profil auf SRF. 

7,37 Milliarden Euro

«Jemand hat ausgerechnet, dass Österreich seit Kriegsbeginn Erdgas und Erdöl aus Russland im Wert von 7,37 Milliarden Euro bezogen hat», so Linsinger weiter. 

«Und dass jeder Österreicher und jede Österreicherin durchschnittlich 590 Euro allein für russisches Erdgas ausgegeben hat. Das ist der höchste Wert in der gesamten EU. Das ist ein aussenpolitisches Problem, das auch innenpolitisch gehörig für Kritik sorgt.»

Österreich darf nicht auf Atomstrom ausweichen

Wegen des Angriffs auf die Ukraine hatte sich die EU letztes Jahr verpflichtet, den Gasimport von Russland deutlich zu reduzieren und bis 2027 ganz auf russisches Gas zu verzichten. Auch Österreich hat die Lieferungen aus Russland reduziert: von 79 Prozent im Februar 2022 auf 60 Prozent im Juni 2023. 

Initiativen, etwa norwegisches Gas zu beziehen, wurden dagegen schon früh abgebrochen und stattdessen der Liefervertrag von 2018 auf 2040 verlängert. «Dazu kommt, dass Österreich nicht wie andere Staaten die Möglichkeit hat, auf Atomstrom auszuweichen, da dies verboten ist», so Linsinger. 

«Sehr viel länger als in anderen EU-Staaten»

Alternativ gibt es etwa Vereinbarungen mit anderen Flüssiggas-Anbietern des kroatischen Adriaterminals Krk und auch Versuche, auf Photovoltaik, Solar- und Windenergie umzusteigen. Zudem wird inländisches Gas aus der Eigenproduktion gefördert, was derzeit acht Prozent ausmacht.

Es werde aber noch Jahre dauern, bis Österreich ohne russisches Gas auskommen könnte. Entsprechend Linsingers kritisches Résumé: «Alles in allem dauert das Ganze sehr viel länger als prognostiziert und auch viel länger als in anderen EU-Staaten.» 

Vor dem Krieg: Russland als wichtigster Gaslieferant der Schweiz

Direkt aus Russland bezieht die Schweiz weder Rohöl noch Gas. Letzteres beschafft die Schweiz primär in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Italien. Die europäischen Länder und die EU arbeiten mit Hochdruck daran, Abhängigkeiten von russischem Gas zu reduzieren. Noch 2021 stammte das via Deutschland in die Schweiz importierte Gas laut dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) zu 43 Prozent aus Russland. Russland war damit der mit Abstand wichtigste Gaslieferant der Schweiz.

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(gux)

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