Küttel und Ammann die Schweizer Trümpfe
Seit Jahren definieren die Verbands-Verantwortlichen die Ziele der Schweizer Skispringer mit Top-Ten-Klassierungen im Weltcup. Andreas Küttel und Simon Ammann verfügen über das Potenzial und die Zuversicht, ab Freitag in Kuusamo (Fi) diese Vorgabe erneut zu übertreffen.
Die vergangene Saison verlief äusserst positiv. Rang 3 in der Weltcup-Gesamtwertung für Küttel, Platz 5 in der Nationenwertung - so gut wie nie mehr seit den Neunzigerjahren - und 21 Top-Ten- Resultate (16 Küttel/4 Ammann/1 Guido Landert) zeugten von einem funktionierenden Team. Da seit März keine nennenswerte Änderung im Materialbereich seitens der FIS erfolgt ist, starke Resultate im Sommer-Grand-Prix mit den Gesamträngen 4 (Ammann) und 6 (Küttel) herausschauten und verletzungsfrei trainiert wurde, liegt der Schluss nahe, dass es ähnlich erfolgreich weitergehen kann.
Wie ein roter Faden hatten sich in den letzten Jahren stete Änderungen der Wettkampfausrüstung durch die Saisonvorbereitungen gezogen. Diesmal fielen die Anpassungen mit einer neuen Kragenform und neu definierter Beinlänge des Anzuges gering aus. Allerdings trügt der Schein eines Waffenstillstands an der Materialfront. «Die letztjährigen Anzüge mussten wir gleichwohl entsorgen», erklärte Trainer Berni Schödler. Die Suche nach dem entscheidenden Vorteil in der Ausrüstung wird die Springer wohl immer begleiten. In diesem Zusammenhang ist auch der Wechsel von Küttel und Ammann zu einem neuen Bindungs-Modell zu verstehen.
Einsiedeln als Basis
Wie schon im Vorjahr absolvierte das Weltcup-Team einen Grossteil der Vorbereitung auf den Schanzen in Einsiedeln. Sprünge auf Schnee standen wegen der prekären Schneelage in Europa nicht auf dem Programm. Das Risiko eines frühwinterlichen Aufenthalts in Skandinavien, wo allensfalls einige Sprünge möglich gewesen wären, wollte Schödler nicht eingehen: «Die Ungewissheit, ob dann tatsächlich gesprungen werden kann, sowie die dortige Kälte und Dunkelheit kosten viel Substanz. Abgesehen davon werden die Unterschiede zwischen Sommer- und Winteranlagen immer kleiner.»
Teamleader Küttel wählte deshalb den entgegengesetzten Weg. Mit einer Ferienwoche in Dubai bei Lufttemperaturen um 30 Grad tankte er nochmals Wärme, um dem Winterkoller vorzubeugen. «Dieser Aufenthalt symbolisierte für mich die Trennung zwischen Sommer und Winter. Ich starte nun mit vollständig aufgeladenen Batterien in die Saison».
Am Sonntag flogen Küttel, Ammann und Landert zum Weltcup-Start nach Norden. Michael Möllinger, der im Februar an den Olympischen Spielen in Turin mit zwei 13. Rängen überzeugt hatte, ist vorerst nicht im Weltcup-Team. Er wählte zur Saisonvorbereitung einen individuellen Weg und muss sich nun via Continental Cup wieder für höhere Aufgaben aufdrängen.
Während Landert mit dem Erreichen der Finalrunde ein ansprechendes Resultat liefern würde, werden Küttel und Ammann an einstelligen Platzierungen gemessen. Das Duo zählt zum erweiterten Favoritenkreis. Von einem international tätigen Wettanbieter wurden sie im Gesamt-Weltcup auf den Rängen 6 (Küttel) und 12 (Ammann) gesetzt.
Profi Andreas Küttel
Mit der Vierschanzentournee, den Weltmeisterschaften in Sapporo und dem Gesamt-Weltcup stehen drei Saison-Schwerpunkte an. Küttel hat klare Vorstellungen, welcher Titel ihm am meisten bedeuten würde: «Der Weltcup. Dann wäre automatisch die ganze Saison gut verlaufen.»
Teamleader Küttel lebt derzeit als Profi. «Ich bin stolz, dass ich mir dies überhaupt leisten kann», betonte der Einsiedler. Wenn der dreifache Sieger von Weltcup-Springen ähnlich erfolgreich agiert wie im vergangenen Winter, zahlt sich das auch finanziell aus. Die Preisgeldsumme wurde von 50 000 auf 70 000 Franken pro Springen angehoben. Ein Tagessieg bringt nun 30 000 statt 20 000 Franken ein.
Den Markenwechsel von der aus dem Springen ausgestiegenen Firma Rossignol zu Fischer sowie die Verwendung einer neuen Bindung vollzog Küttel ohne allzu grossen zusätzlichen Aufwand. «Ich hatte nie Zweifel, dass ich die Umstellung schaffen werde», betonte er. Bei der Wiederaufnahme des Trainings im Sommer sei man ohnehin zunächst auf der Suche nach dem Sprunggefühl, egal welche Ski man angeschnallt habe. «Dass Fischer gute Ski produziert, ist kein Geheimnis. Ich hätte einfach gerne mit dem Team von Rossignol weiter gearbeitet.»
Drei Skiflug-Destinationen
Der Blick auf den Wettkampf-Kalender bereitet insbesondere den Weitenjägern Freude. Von den 27 Einzelspringen werden 6 auf Flugschanzen ausgetragen. Die magische 200-m-Marke wird demnach so oft wie noch nie in einer Saison übertroffen werden. Neun Wettkämpfe finden am Abend unter Flutlicht statt. Die Vierschanzentournee bricht mit einer Tradition: Auf Drängen des Fernsehens findet der letzte Wettkampf in Bischofshofen nicht am Dreikönigstag, sondern am (publikumswirksameren) Sonntag, 7. Januar, statt.
Am 25. März wird in Planica (Sln) der Gesamt-Weltcupsieger die Kristallkugel in die Höhe stemmen. In der Favoritenrolle befinden gemäss Schödler, der mit seiner Weltcup-Crew nun die siebente Saison als Chef in Angriff nimmt, nicht der Titelverteidiger Jakub Janda (Tsch) oder der Olympiasieger Thomas Morgenstern (Ö), sondern die Routiniers Janne Ahonen (Fi) und Adam Malysz (Pol).
(si)