Drama auf LampedusaBub (3) allein in der Wüste – «Konnte ihn doch nicht sterben lassen»
Ein 18-jähriger Migrant stieg am Freitag aus einem Boot auf Lampedusa aus, an der Hand hielt er ein dreijähriges Kind. Die beiden sind aber nicht verwandt – der kleine Bub reiste allein.
Darum gehts
Ein 18-Jähriger entdeckte einen kleinen Buben, der ganz allein in der Wüste war.
Der Teenager packte das Kind an der Hand und brachte es mit einer Fähre nach Italien.
Wer das Kind ist, woher es kommt, was er erlebt hat, ist unklar. Der Kleine spricht nicht.
Der Kleine lächelt nicht, er weint auch nicht, er weiss nicht einmal seinen Namen: Das Schicksal eines dreijährigen Buben auf Lampedusa berührt Italien. Das Kind war letzten Freitag in einer Fähre zusammen mit einem anderen jungen Migranten am Pier von Favarolo angekommen.
Der 18-Jährige hielt den Kleinen an der Hand. «Ich fand ihn ganz allein und verlassen in der Wüste», erzählte der Migrant den Behörden. Also nahm der junge Mann den Buben mit, um ihn zu retten. «Wir machten die Reise gemeinsam, ich konnte ihn doch nicht sterben lassen. Aber er gehört nicht zu meiner Familie und ich weiss nicht, wie ich für ihn sorgen soll», sagte er.
Niemand kennt ihn
Freiwillige des Roten Kreuzes und der Organisation Save The Children kümmern sich um den Dreijährigen. Sie brachten ihn zunächst in ein Erstaufnahmelager in Imbriacola, wo eine Abteilung für Kinder und alleinerziehende Mütter eingerichtet wurde. Doch niemand kannte den Namen oder die Nationalität des Buben.
Nun arbeitet ein Psychologen- und Psychologinnenteam rund um die Uhr mit den Kleinen. Sie versuchen, ihn dazu zu bringen, etwas zu sagen – bisher ohne Erfolg. Schon der 18-jährige Migrant, der ihn rettete, hatte dem Hilfspersonal auf Lampedusa erzählt, dass das Kind während der gesamten Reise keinen Laut von sich gegeben hatte.
«Er lebt in seiner eigenen Welt»
Das Jugendgericht von Palermo soll in den kommenden Stunden entscheiden, was mit dem «Wüstenkind» geschehen soll. Melden sich keine Angehörigen, ernennt das Gericht einen Vormund und der Bub wird dann in einer angemessenen Einrichtung untergebracht. Gegebenenfalls könnte auch «eine dringende Intervention der Abteilung für Kinderneuropsychiatrie» angeordnet werden, erklärt Staatsanwältin Claudia Caramanna gegenüber «Lanazione.it».
«Es ist, als würde er in seiner eigenen Welt leben und sie nicht verlassen wollen», sagt eine Person, die sich um den Kleinen kümmert. Er leide unter sehr starkem emotionalen Stress, den er nicht verbalisieren könne. «Wir müssen sofort eingreifen.»
Wird man jemals etwas über seine Vergangenheit erfahren?
Dies sei kein Einzelfall, sagt Giovanna Di Benedetto, Sprecherin von Save The Children, zu «Corriere della Sera». «In den letzten Jahren haben wir einen stetigen Anstieg der Ankünfte unbegleiteter Minderjähriger verzeichnet, immer häufiger unter zehn Jahren.»
Zum konkreten Fall des Dreijährigen meint sie: «Wir wissen immer noch nichts über das Kind und es wird nicht einfach sein, seine Vergangenheit in einem so heiklen Kontext zu erfahren.»
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Fragen oder Probleme im Bereich Migration/Asylverfahren?
Hier findest du Hilfe:
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Tel. 031 370 75 75
Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer SRK, Tel. 058 400 47 77
Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, Tel. 044 436 90 00
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