Lampedusa: «Eine tragische, aber logische Konsequenz der Europa-Politik»

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Lampedusa «Eine tragische, aber logische Konsequenz der Europa-Politik»

Die Flüchtlingskrise in Italien spitzt sich zu, täglich erreichen neue Boote mit Geflüchteten die kleine Insel Lampedusa. Ein Migrationsexperte erklärt, was die Folgen für die Schweiz und Europa sind.

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Seit einigen Tagen liegt der Fokus der Welt auf der italienischen Insel Lampedusa. 

Seit einigen Tagen liegt der Fokus der Welt auf der italienischen Insel Lampedusa. 

REUTERS
Migrationsexperte Benjamin Schraven ordnet die aktuelle Lage ein. 

Migrationsexperte Benjamin Schraven ordnet die aktuelle Lage ein. 

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Dass Ursula von der Leyen Lampedusa am Sonntag besuchte, zeigt gemäss Schraven, dass die Europäische Kommission den Ernst der Lage erkannt habe. 

Dass Ursula von der Leyen Lampedusa am Sonntag besuchte, zeigt gemäss Schraven, dass die Europäische Kommission den Ernst der Lage erkannt habe. 

AFP

Darum gehts

  • Über 8000 Geflüchtete kamen in den letzten Tagen auf Lampedusa an. 

  • Laut einem Experten eine Situation, die vorhersehbar war. 

  • Er warnt, dass es weitere schreckliche Bilder vom Mittelmeer geben wird, wenn Europa untätig bleibt.


Der Migrationsexperte Benjamin Schraven beantwortet die wichtigsten Fragen zur momentanen Flüchtlingskrise.


Herr Schraven, was sagen Sie zur aktuellen Situation auf Lampedusa?

Die Krise hat sich schon länger abgezeichnet. Einerseits gibt es seit einiger Zeit wieder deutlich mehr Menschen, die verzweifelt versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Andererseits tun sich die EU sowie auch die restlichen europäischen Länder derzeit sehr schwer damit, Lösungen für diese Herausforderung zu finden. Das EU-Abkommen mit Tunesien, das den Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer im Gegenzug für eine Unterstützung von über einer Milliarde Euro bremsen sollte, zeigt aus Sicht der EU bisher wenig Wirkung. Auch der sogenannte EU-Asylkompromiss für eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten muss erst noch umgesetzt werden. Die Situation auf Lampedusa als südlicher Vorposten der EU ist eine tragische, aber logische Konsequenz davon.

Wie reagiert Europa?

Nachdem die Anzahl der Geflüchteten 2017 deutlich zurückgegangen ist, wird das Thema durch den erneuten Anstieg nun wieder zu einer Top-Priorität für Europa. Dass Ursula von der Leyen Lampedusa am Sonntag besuchte, zeigt, dass auch die Europäische Kommission den Ernst der Lage erkannt hat und weiss, dass sie präsent sein muss. Bislang hat sich dies jedoch nicht in Taten gezeigt. Ob sich kurzfristig Lösungen für die Lage der Menschen finden lassen, die nach Lampedusa kommen, bleibt offen. Wenn Europa untätig bleibt, könnte das jedoch weitere schreckliche Bilder vom Mittelmeer zur Konsequenz haben.

Welche Auswirkungen hat die Flüchtlingskrise für die Schweiz?

Sie wird vermutlich auch in der Schweiz einen Anstieg von Asylanträgen zur Folge haben. Ich nehme an, dass sowohl die Schweiz als auch die EU-Mitgliedsländer mittel- bis langfristig immer mehr auf Grenzkontrollen setzen werden. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Schweiz diesbezüglich die Zusammenarbeit mit der EU verstärkt. Langfristig kann das Ende der Flüchtlingskrise nur mit einem gesamteuropäischen Entscheid erreicht werden.

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