Interkantonaler KnatschLAP bestanden, doch Diplom gibt es keines
Ein Lehrling wartet vergeblich auf sein Fähigkeitszeugnis. Trotz bestandener Prüfung soll er zwei Monate seiner Lehre nachholen.
- von
- 20M
Nils Pürro versteht die Welt nicht mehr. Der frisch gebackene Fotofachmann aus dem Kanton Bern hätte eigentlich seine Lehre abgeschlossen, doch bekommt er sein Zeugnis als Fotofachmann EFZ nicht ausgestellt. Der 21-Jährige wohnt zwar im Kanton Bern doch absolvierte er das letzte Lehrjahr im Kanton Wallis. Wegen einer Auseinandersetzung mit seinem Lehrmeister verlor Pürro nach den Abschlussprüfungen Mitte Juni seine Lehrstelle. Nun fordert der Kanton Wallis von ihm, dass er noch zwei Monate in einem Lehrverhältnis nachholt. Sonst erhalte er sein Fähigkeitszeugnis nicht.
Für Pürro unverständlich. Denn laut dem Bundesgesetz für Berufsbildung müsste er sein Fähigkeitszeugnis nach den bestandenen Prüfungen erhalten. Trotzdem hält der Kanton Wallis an den Forderungen fest. «Den Wallisern war meine Argumentation egal, sie haben mich einfach abgewimmelt», so Pürro.
Im Zwist der Kantone
In der Folge organisierte sich Pürro eine Lehrstelle für zwei Monate im Raum Bern. Demnach hätte er die Forderungen der Walliser erfüllt und müsste sein Fähigkeitszeugnis ausgestellt bekommen – dachte er. Doch der Lehrvertrag muss zuerst von der zuständigen kantonalen Behörde, also Bern, genehmigt werden. Der Kanton Bern weigert sich jedoch, den Lehrvertrag von Pürro zu unterschreiben. Begründung: Das Vorgehen der Walliser sei widerrechtlich. «Sie sagten, dass ich das Fähigkeitszeugnis bereits hätte erhalten müssen», so Pürro. Auf Anfrage heisst es bei den Berner Behörden, dass sie sich nicht «zu den Praktiken anderer Kantone» äussern.
Gespräche zwischen Vertretern der beiden Kantone brachten offenbar auch keine Lösung. Der Kanton Wallis fordere nach wie vor, dass die zwei Monate nachgeholt werden müssten und der Kanton Bern weigere sich, den Lehrvertrag über zwei Monate zu unterschreiben, wie Pürro erzählt: «Doch nun empfahl man mir beim Kanton Wallis plötzlich, einen Praktikumsvertrag zu unterschreiben», so Pürro. Zuvor hätten man dort jeweils auf einen Lehrvertrag gepocht. «Da stimmt einfach etwas nicht.»
Gegenüber 20 Minuten wollen die Walliser Behörden den Fall Pürro nicht kommentieren. Zu laufenden Verfahren nehme man keine Stellung. In der kantonalen Verwaltung ist der Fall bestens bekannt. «Der Kanton ist nicht immer so streng. Aber bei bockigen Lehrlingen, werden auch die Ämter bockig», sagt eine Mitarbeiterin mit, die anonym bleiben will.
Kommt bald das Happy-End?
Pürro hat nun eine Arbeitsstelle über zwei Monate in Bern gefunden: «Mein Arbeitgeber unterstützt mich sehr und will mir zu meinem EFZ verhelfen. Ich bin ihm sehr dankbar.» Pürro hofft, dass der Kanton Wallis nun bald sein Diplom schickt, davor gebe es jedoch noch einige Hürden zu nehmen. Pürro: «Ich will so rasch wie möglich auf Jobsuche gehen und dafür brauche ich das Diplom einfach.»
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