Znüni-Kontrollen in Schulen: Lehrer nehmen Konfibrötli und Buttergipfeli weg

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Znüni-Kontrollen in SchulenLehrer nehmen Konfibrötli und Buttergipfeli weg

Schoggi muss weggepackt werden, Sandwiches werden kontrolliert. Eltern beklagen, dass Lehrer sich zu stark in die Ernährung der Kinder einmischen.

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Kohlrabi, Fenchel, Nature-Joghurt und Reiswaffeln – diese gesunden Speisen sollten Kinder in Genfer Schulen zum Znüni essen. Hier im Bild: ein Ausschnitt aus dem Flyer «Merkblatt – Gesundes Znüni und Zvieri» der Stadt Bern.

Kohlrabi, Fenchel, Nature-Joghurt und Reiswaffeln – diese gesunden Speisen sollten Kinder in Genfer Schulen zum Znüni essen. Hier im Bild: ein Ausschnitt aus dem Flyer «Merkblatt – Gesundes Znüni und Zvieri» der Stadt Bern.

Screenshot: www.bern.ch
Schoggistängeli müssen weggepackt werden, Sandwiches werden kontrolliert. Eltern beklagen, dass Lehrer sich zu stark in die Ernährung der Kinder einmischen. (Symbolbild)

Schoggistängeli müssen weggepackt werden, Sandwiches werden kontrolliert. Eltern beklagen, dass Lehrer sich zu stark in die Ernährung der Kinder einmischen. (Symbolbild)

Keystone/Georgios Kefalas
In manchen Schulen würden die Empfehlungen allerdings sehr strikt umgesetzt, beklagen sich Eltern bei der «Tribune de Genève». Diese würden den Kindern verbieten, süsse, fettige oder sehr salzige Speisen für den Znüni mitzubringen. (Symbolbild)

In manchen Schulen würden die Empfehlungen allerdings sehr strikt umgesetzt, beklagen sich Eltern bei der «Tribune de Genève». Diese würden den Kindern verbieten, süsse, fettige oder sehr salzige Speisen für den Znüni mitzubringen. (Symbolbild)

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Kohlrabi, Fenchel, Nature-Joghurt und Reiswaffeln – diese gesunden Speisen sollten Kinder in Genfer Schulen zum Znüni essen. Gipfeli, Schokolade, Cornflakes und Guetsli aber sollten auf Empfehlung des Erziehungsdepartements des Kantons Genf vermieden werden, wie die Westschweizer Zeitung «Tribune de Genève» schreibt.

Aus Empfehlungen werden Verbote

In manchen Schulen würden die Empfehlungen sehr strikt umgesetzt, beklagen sich Eltern bei der «Tribune de Genève». Diese würden den Kindern verbieten, süsse, fettige oder sehr salzige Speisen für den Znüni mitzubringen. Tun sie das doch, würden sie an einigen Schulen von Lehrpersonen gar konfisziert – obwohl das laut den Behörden gar nicht zulässig wäre.

So beklagt sich eine Mutter, dass ihrer Tochter die Schoko-Reiswaffeln weggenommen worden seien. Ein Vater erzählt, dass sein fünfjähriger Sohn einen nicht erwünschten Znüni heimlich habe herunterschlingen müssen. Und eine weitere Mutter beschwert sich, dass sie ihrer Tochter nicht einmal ausnahmsweise ein Schoggibrötli mitgeben dürfe.

«Ungesundes landet im Abfalleimer»

Ein Vater aus dem Zürcher Unterland berichtet 20 Minuten, dass die Kindergartenlehrperson seines Sohnes regelmässig Znüni-Kontrollen gemacht habe. «Sie hat jeweils in alle Sandwiches der Kinder geschaut und sie auf den Inhalt geprüft. War etwas Unerlaubtes drin, hat sie sie in den Abfalleimer geworfen.» Betroffene Kinder hätten dann den anderen zuschauen müssen, wie sie ihren Znüni assen, selbst aber keinen Ersatz bekommen. Allerdings hätten es an der Schule nicht alle Lehrpersonen so gehandhabt.

Speziell sei auch gewesen, so der Vater, dass die Eltern von der Schule keine Liste mit erlaubten und verbotenen Speisen erhalten hätten. «Gewisse Früchte waren erlaubt, andere nicht, gewisse Nahrungsmittel wie Schweinefleisch waren okay, aber Konfitüre nicht. Ist Schweinefleisch gesünder als Konfi?» Klar, es gehe um den Zuckergehalt und Prävention sei sinnvoll, sagt der Vater. Aber Verbote und Konfiszierungen seien nicht der richtige Weg. «Die Schule betont, wie wichtig die Zahnprophylaxe ist, die Kindergartenlehrpersonen wollen aber nicht gemeinsam mit den Kindern die Zähne putzen nach dem Znüni essen.»

Znünis auf Zeit konfisziert

Eine Leserin aus Beromünster LU berichtet, in der Primarklasse ihres Sohns würden ebenfalls ungesunde Znünis beschlagnahmt: «Meine Kinder erzählten, dass anderen schon Schoggistängeli und Gipfeli weggenommen wurden.» Allerdings passiere das nur im Wiederholungsfall. «Und die Lehrer haben immer gesunde Ersatzznünis für die Kinder dabei.» Nach dem Unterricht bekämen sie ihr Essen wieder zurück, mit einer Botschaft an die Eltern, sie sollen ihren Kindern Gesundes mitgeben.

Schulleiter Martin Kulli sagt, dass Konfiszieren an seiner Schule nicht die Regel sei: «Normalerweise nehmen wir den Kindern nichts weg.» Stattdessen sei das Ziel, dass man mit den Eltern kommuniziere, auch wenn Kinder wiederholt mit Ungesundem in der Schule erschienen.

Auch bei Andrea-Sandro Portapia, Schulleiter der Schule Egerkingen SO, müssen zum Beispiel die Kinder des Kindergartens Ungesundes beiseitelegen. Dann würden die gesunden Speisen der anderen Kinder mit ihnen geteilt. Nach dem Unterricht bekommen sie ihren Znüni zurück: «Es ist ja nicht unser Hab und Gut, und was die Kinder ausserhalb der Schule essen, können wir nicht bestimmen.»

Umsetzung in der Praxis

In der Primarschule Boppartshof in St. Gallen werden gemäss Schulleiterin Romana Müller Cola und Eistee in den Pausen nicht toleriert und müssen weggepackt werden. «Bei Gummibärchen wird das Gespräch mit den Kindern gesucht.» Aber es gebe gewisse, vor allem süsse Nahrungsmittel, die ungesund seien und im Kindergarten nicht toleriert würden. «Speziell auf dieser Stufe achten wir auf einen gesunden Znüni». Besser als Verbote finde sie aber die Vermittlung einer gesunden Einstellung zu Ernährung an Kinder und Eltern.

Lehrerverband: Znüni in der Verantwortung der Eltern

Es sei natürlich ärgerlich, wenn in der Schule gesunde Ernährung thematisiert werde und die Eltern ihren Kindern dennoch einen ungesunden Znüni mitgeben würden, sagt Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Trotzdem seien Verbote der falsche Weg. «Man sollte das nicht so strikt angehen. Schliesslich liegt es in der Verantwortung der Eltern, was sie ihren Kindern mitgeben.»

Znüni-Definitionen

Auch Deutschschweizer Kantone, Städte und Schulen geben Richtlinien heraus, was ein gesunder Znüni ist und was nicht. Manche erstellen dafür Briefe oder Flyer für Eltern, auf denen gesunde und ungesunde Lebensmittel aufgelistet sind, so die Städte Bern und Zürich.

Andere, wie die Schulpflege Bubikon, werden in ihren Mitteilungen teilweise auch sehr konkret: «Der Znüni sollte sowohl aus Früchten, Gemüse, Milch- und Vollkornprodukten bestehen. Getränke sind sehr wichtig: Wasser, ungesüsster Tee oder Schorle. Wichtig: Keine Süssigkeiten und Süssgetränke!»

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