Ausnahmeregel verlängertLehrpersonen ohne Diplom dürfen weiterhin unterrichten
Aufgrund des Lehrpersonenmangels erneuert die Zürcher Bildungsdirektion die Ausnahmeregelung bei der Anstellung. Der Lehrerverband spricht von einer «Misere in der Bildungspolitik».
- von
- Daniel Krähenbühl
Darum gehts
Aktuell sind neben rund 18‘000 ausgebildeten Lehrpersonen gut 500 Personen ohne Lehrdiplom in den Schulen angestellt.
Die Lehrpersonen ohne Diplom dürfen nun ein weiteres Jahr unterrichten – allerdings nicht in der gleichen Gemeinde wie bisher.
Dadurch soll sichergestellt werden, dass keine Schülerinnen und Schüler länger als ein Jahr von einer Lehrperson ohne Lehrdiplom unterrichtet werden.
Die Pädagogische Hochschule soll gleichzeitig mehr Lehrpersonen ausbilden. Die Studierendenzahlen stiegen 2021 (1436 Personen) im Vergleich zu 2020 (1419 Personen) allerdings nur marginal.
Die Zürcher Bildungsdirektion schlägt Alarm: Aufgrund des Lehrpersonenmangels auf allen Stufen der Volksschule muss sie die Ausnahmeregelung bei der Anstellung von Lehrpersonen verlängern. Als Grund für die weiterhin angespannte Stellensituation sieht die Bildungsdirektion die «seit Jahren steigenden Zahlen der Schülerinnen und Schüler und den allgemeinen Arbeitskräftemangel». Die steigende Zahl an Geflüchteten verschärfe die Stellensituation zusätzlich. Die Anstellung von Personen ohne Zulassung ist auf ein Schuljahr befristet.
Der Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) übt derweil heftige Kritik und spricht von einer «Misere in der Zürcher Bildungspolitik». Der Lehrpersonenmangel sei absehbar gewesen, weil der Kanton das Problem weiterhin nicht bei den Wurzeln angehe: Hauptursache für den Mangel sei neben dem Schülerzuwachs nämlich die zeitliche Überlastung der Lehrpersonen. «Diese muss die Regierung endlich angehen», fordert der ZLV.
«Viele reduzieren ihre Pensen, um nicht auszubrennen»
Die «beschwichtigende und verharmlosende Aussage» der Bildungsdirektion, dass mittelfristig mit einer «leichten Entspannung» der Situation zu rechnen sei, sei ohne Massnahmen an den Wurzeln des Problems unrealistisch. «Die Hauptursachen des Lehrpersonenmangels im Kanton Zürich sind die permanente zeitliche Überlastung und das Schülerwachstum», sagt ZLV-Präsident Christian Hugi. Zürich habe schon heute landesweit die grössten Klassen, Zürcher Lehrpersonen leisteten im Schnitt rund acht Wochen Überzeit. «Viele reduzieren ihre Pensen, um nicht auszubrennen.»
Der ZLV fordert den Regierungsrat dazu auf, «sofort mit konkreten Massnahmen» gegen die Überlastungssituation vorzugehen. Die Ansatzpunkte im Bildungsauftrag seien bekannt: Höhere Zeitanrechnungen für die wichtige Funktion als Klassenlehrperson und für eine Jahreslektion sowie Anrechnung der begleiteten Pausen auf der Kindergartenstufe. «Diese Massnahmen würden auch dazu beitragen, den Lehrberuf insgesamt attraktiver zu machen, was angesichts der weiterhin steigenden Schülerzahlen und im Wettbewerb um die besten Fachkräfte entscheidend ist.»
Der ZLV fordert zudem, dass die Einführungswochen für Lehrpersonen ohne Lehrdiplom an der PH Zürich für obligatorisch erklärt werden. «Dies würde die diplomierten Lehrpersonen wirkungsvoll entlasten, die erfahrungsgemäss den Hauptteil der Betreuungsarbeit für ihre undiplomierten Kolleginnen und Kollegen leisten», so Hugi.
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