Replay-TV: «Leute glauben, dass man alles gratis haben kann»

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Replay-TV«Leute glauben, dass man alles gratis haben kann»

Viele Bürger finden es daneben, dass TV-Werbung in Zukunft möglicherweise nicht mehr übersprungen werden kann. Politiker kontern die kritischen Kommentare der Leser.

von
viv
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Aufgrund von Replay-TV entgehen Fernsehsendern pro Jahr über 100 Millionen Franken an Werbeeinnahmen.

Aufgrund von Replay-TV entgehen Fernsehsendern pro Jahr über 100 Millionen Franken an Werbeeinnahmen.

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Die Interessengemeinschaft für Radio und Fernsehen fordert darum, dass Anbieter wie UPC oder Zattoo Replay-TV und das Überspringen von Werbung nur noch mit Einverständnis des jeweiligen Fernsehsenders zur Verfügung stellen dürfen.

Die Interessengemeinschaft für Radio und Fernsehen fordert darum, dass Anbieter wie UPC oder Zattoo Replay-TV und das Überspringen von Werbung nur noch mit Einverständnis des jeweiligen Fernsehsenders zur Verfügung stellen dürfen.

GettyImages/Rclassenlayouts
Cécile Thomi, Leiterin Recht der Stiftung Konsumentenschutz, vermutet, dass die Konsumenten in der Folge die Mehrkosten tragen müssen. Auch Hunderte Leser sind empört über die Forderung.

Cécile Thomi, Leiterin Recht der Stiftung Konsumentenschutz, vermutet, dass die Konsumenten in der Folge die Mehrkosten tragen müssen. Auch Hunderte Leser sind empört über die Forderung.

www.konsumentenschutz.ch

Das Thema zeitversetztes Fernsehen erhitzt derzeit die Gemüter vieler Leser. Grund: Anbieter wie Swisscom oder Zattoo sollen Replay-TV und das Überspringen von Werbung nur noch mit Einverständnis des jeweiligen Fernsehsenders zur Verfügung stellen dürfen. Eine entsprechende Gesetzesänderung hat am Dienstag eine erste Hürde genommen.

Für den Konsumentenschutz wäre es ein Fall zurück in die Steinzeit: Wer einen alten Videorekorder hat, könnte die Werbung nämlich nach wie vor überspringen. Zugleich wird befürchtet, dass das zeitversetzte Fernsehen ganz vor dem Aus stehen könnte. Auf jeden Fall würden aber die TV-Abo-Preise extrem in die Höhe schiessen.

Gegen die Einschränkung ist ein Grossteil der 20-Minuten-Leser: 94 Prozent lehnen sie laut einer Umfrage ab. Zudem gab es über 1000 Leserkommentare. Die Nationalräte Bernhard Guhl (BDP) und Edith Graf-Litscher (SP) kontern die Kritik.

Guhl: Viele Leute glauben, dass man im Internet alles gratis haben kann. Die Produktion von TV-Beiträgen ist aber nicht gratis. Insbesondere private Fernsehstationen finanzieren sich über Werbung und nicht über Gebühren. Wer nichts mehr bezahlen will für wertvolle Videobeiträge, der kriegt auch keine.

Guhl: Private Fernsehsender werden hauptsächlich über die Werbung finanziert. Entzieht man ihnen diese, geht er unter. Werbefinanziertes Fernsehen soll es auch in Zukunft geben, daher müssen faire Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Medienvielfalt ist ein wichtiger Pfeiler unserer Demokratie und die privaten TV Sender tragen dazu bei.

Graf-Litscher: In der Schweiz ist das Replay-Angebot attraktiver als im Ausland, weil der Konsument das gesamte 24-Stunden-Programm im 7-Day-Replay für alle Programme zur Verfügung hat. Damit dieses Angebot aufrechterhalten bleiben kann, müssen die Verbreiter mit den Sendern faire Bedingungen aushandeln.

Guhl: Niemand will die Leute zwingen, auf dem klassischen TV zu bleiben. Es ist doch allen klar, dass sich die Kundenbedürfnisse verändern. Wenn wir in der Schweiz noch qualitativ hochstehende Filme, Nachrichten oder Reportagen wollen, müssen wir sicherstellen, dass diese auch finanziert werden.

Graf-Litscher: Die TV-Sender unternehmen alles, damit das TV in der Schweiz attraktiv bleibt, und wollen deshalb auch mit den Verbreitern darüber verhandeln. Attraktive Programme sind aber nur mit entsprechenden Investitionen möglich.

Guhl: Gratis gibt es nichts. Wir können die Ökonomie nicht ändern. Free TV braucht Werbung, sonst lässt es sich nicht finanzieren. Die Sender wollen den Zuschauer aber auch nicht verlieren, daher werden Lösungen angestrebt, die für den Konsumenten attraktiv sind. Die Alternative zu werbefreiem TV wären horrende Billag-Gebühren.

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