Machtübergabe: Lobgesänge auf den jungen Kim

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MachtübergabeLobgesänge auf den jungen Kim

Der gesundheitlich angeschlagene nordkoreanische Staatschef Kim Jong Il bereitet offenbar die Machtübergabe an seinen Sohn Kim Jong Un vor.

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Kim Jong Il braucht die Unterstützung des Militärs, um seinen Sohn als Nachfolger zu installieren.

Kim Jong Il braucht die Unterstützung des Militärs, um seinen Sohn als Nachfolger zu installieren.

Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete am Samstag, Anfang September werde ein Parteitag einberufen, um über die Führungsspitze zu entscheiden. Der geplante Parteitag wäre der erste seit 1966. Ausserdem soll der südkoreanische Geheimdienstchef Won Sei Hoon einen Parlamentsausschuss am Donnerstag über den Start einer entsprechenden Propagandakampagne unterrichtet haben. Den Beratern zweier Abgeordneter zufolge, die an der Sitzung hinter verschlossen Türen teilgenommen haben, werden die 24 Millionen Einwohner Nordkoreas mit Lobeshymnen und Gedichten auf die Nachfolge eingestimmt. Zudem begleite der dritte und jüngste Sohn seinen 68-jährigen Vater häufig bei Besuchen von Militärstützpunkten und Fabriken.

Seit Kims Schlaganfall im Jahre 2008 verdichten sich die Hinweise, dass der Mittzwanziger auf die Rolle als neuer Staatschef vorbereitet wird. Dafür spricht auch die Besetzung strategischer Posten mit Verwandten und engen Vertrauten. So wurde Kims Schwager Jang Song Thaek, der als Unterstützer von Kim Jong Un gilt, Anfang Juni zum stellvertretenden Vorsitzenden der mächtigen nationalen Verteidigungskommission ernannt. Kim selbst hatte die Führung des Landes nach dem Tod seines Vaters Kim Il Sung 1994 übernommen. Nun soll aber als Folge des Schlaganfalls sein Gedächtnis nachgelassen haben, wie Won laut einem Zeitungsbericht vor dem Parlament erklärte.

Kriegsähnliche Atmosphäre

Experten erklären auch die jüngsten Provokationen Nordkoreas wie die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffs mit der Nachfolgeregelung. Kim Jong Il sei dafür auf die Unterstützung der Öffentlichkeit und vor allem des Militärs angewiesen. «Kim muss eine kriegsähnliche Atmosphäre erzeugen, um seinen Sohn als Nachfolger durchzudrücken», erklärte Cheon Seong Whun vom Koreanischen Institut für nationale Wiedervereinigung in Seoul der «New York Times». Dafür brauche er «Spannungen und einen äusseren Feind».

Baek Seung Joo vom Koreanischen Institut für Verteidigungsanalysen verwies darauf, dass Kim Jong Il auf ähnliche Weise auf die Macht vorbereitet wurde. So seien ihm die Planung eines Angriff auf den südkoreanischen Präsidentenpalast 1968 und der Tötung zweier amerikanischer Offiziere an der Grenze 1976 zugeschrieben worden. Sein Sohn hingegen könne noch keine derartigen «Errungenschaften» vorweisen. Für die Analysten ist die ein Grund, weshalb Kim Jong Un, der eine internationale Schule in Gümligen besuchte und angeblich Berndeutsch spricht, noch nie öffentlich aufgetreten ist. (pbl/dapd)

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