Lyss BE«Einfach nur ein Witz» – Kühe sollen nur noch tagsüber Glocken tragen dürfen
Nach einer Lärmmessung empfiehlt die Gemeinde Lyss, dass Ueli Springs Kühe nachts keine Glocken mehr tragen dürfen. Dafür hat der Landwirt kein Verständnis.
- von
- Simon Ulrich
Darum gehts
Laut Messungen ist der nächtliche Glockenlärm von Ueli Springs Kühen für die angrenzenden Wohnungen störend – zumindest, wenn die Glocken tragende Kuh an der Tränke steht.
Darauf basierend hat die Gemeinde Lyss BE nun die Empfehlung gesprochen, die Kühe sollen die Glocken nur noch tagsüber tragen dürfen.
Landwirt Spring hat dafür kein Verständnis – und ist optimistisch, dass aus der Empfehlung keine Pflicht wird.
Seit Sommer 2020 tobt in Lyss ein Nachbarschaftsstreit: Ein pensionierter Zuzüger fühlt sich durch die Glocken von Ueli Springs Kühen derart in seiner Nachtruhe gestört, dass er ein Verbot erwirken will. Zwar hatte der Bauer bereits nach der ersten Einsprache fast all seinen Rindern die Glocke entfernt – nur noch ein «Guschti» trägt aktuell jeweils eine. Doch der lärmgeplagte Nachbar lässt nicht locker.
Deshalb geht der Zoff in eine weitere Runde: Vor einigen Tagen erhielt Spring eine Verfügung der Gemeinde, wie er auf Facebook schreibt. Das Dokument, das 20 Minuten vorliegt, unterrichtete ihn über die Ergebnisse einer Lärmmessung. Demnach ist es in der Wohnung gegenüber bei offenem Fenster deutlich zu laut, wenn die Kuh mit Glocke bei der Tränke steht. Grast sie jedoch anderswo auf der Weide, hält sich der Lärmpegel im Rahmen. Dennoch empfiehlt die Gemeinde, Springs Kühe sollen tagsüber eine Glocke tragen dürfen, nachts hingegen nicht.
Rückhalt in der Bevölkerung
«Das Ganze ist einfach nur ein Witz», sagt Spring. «Es ist schlicht nicht möglich, der Kuh am Abend auf der Weide die Glocke abzunehmen und am Morgen wieder umzuhängen.» Für ihn gehöre eine Glocke einfach zur Kuh. Zudem habe ihr Einsatz auch ganz pragmatische Gründe: Durch das Gebimmel könnten ausgebüxte Tiere schneller wieder eingefangen werden.
Sollte Kuhglocken-Lärm nachts verboten sein?
Der Landwirt ist jedoch guter Dinge, dass aus der Empfehlung der Gemeinde keine Pflicht resultieren wird. Anwohnerinnen und Anwohner hätten kürzlich eine Unterschriftensammlung gestartet, damit die Kuhglocke auch nachts weiter bimmeln darf. «Aus der direkten Nachbarschaft stehen alle hinter mir», sagt Spring. Auch von Bauern aus verschiedenen Kantonen, die sich mit demselben Problem herumschlugen, habe er ermutigende Reaktionen erhalten: «Sie haben letztlich alle Recht bekommen.»
«Begreife nicht, wie man so verbohrt sein kann»
Zur Verfügung läuft bis am 24. Februar ein Konsultationsverfahren, in dem Spring und sein Nachbar Stellung nehmen können. Über seinen Widersacher kann Spring nur den Kopf schütteln: «Ich begreife einfach nicht, wie man so verbohrt sein kann und auf Biegen und Brechen Streit sucht.» Der Mann habe gewusst, was ihn erwarte, als er neben dem Hof eingezogen sei: «Er sah die Weide wie auch die Rechtsverwahrung, in der die Lärmemissionen durch Glockengeläut explizit festgehalten sind.»
Der Nachbar war für 20 Minuten am Donnerstag nicht erreichbar.
Der Lysser Kuhglocken-Streit
Über Springs Kuhglocken beschwerten sich der Nachbar und seine Frau erstmals im Juli 2020 bei der Einwohnergemeinde Lyss. Diese organisierte zwei Aussprachen zwischen den Konfliktparteien, die jedoch keine Lösung brachten. Im Oktober 2021 kommunizierte die Gemeinde, nicht auf die Anzeige der Beschwerdeführenden einzutreten. Diesen Entscheid zogen die Eheleute an den Kanton weiter. Mit Erfolg: Die Bau- und Verkehrsdirektion (BVD) hob die Verfügung der Gemeinde Lyss im Mai 2022 auf und wies Sache an die Gemeinde zurück. Diese musste demnach auf die Anzeige der Nachbarn eintreten – und prüfen, ob der Glockenlärm die Grenzwerte überschreitet. Im Oktober beauftragte die Gemeinde daher eine Fachstelle der Kapo Bern, Messungen zu tätigen und einen Fachbericht zu erstellen. Der Bericht kommt zum Schluss, dass «die nächtlich auftretenden Lärmimmissionen von der Weideglocke als erheblich störend einzustufen» seien.
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