Racheakt der Rebellen: «Man hat Saif die Finger abgehackt»

Aktualisiert

Racheakt der Rebellen«Man hat Saif die Finger abgehackt»

Also doch: Dem festgenommenen Gaddafi-Sohn Saif al-Islam sollen drei Finger abgehackt worden sein. Das behaupten ein Arzt und einer der Rebellen unisono.

von
jam

Es war das erste, was einem auf den Bildern des verhafteten Gaddafi-Sohnes Saif al-Islam ins Auge stach: Die dick einbandagierten Finger der rechten Hand. Unwillkürlich fragte man sich bei diesem Anblick, ob die Rebellen, die Saif in einer Wüste im Süden Libyens aufgegriffen hatten, ihm als Strafe ein paar Finger abgehackt hätten.

Die ersten Details zur Festnahme klangen anders, höflicher, freundlicher. Auch die Bilder der posierenden Rebellen mit ihrem prominenten Gefangenen wirkten nicht so, als hätten sie an Saif al-Islam in irgendeiner Form Rache genommen. Saif selber erklärte die Verletzungen an seiner Hand in einem ersten Interview nach der Festnahme so: «Die Verletzung zog ich mir vor einem Monat zu, als Kreuzritter (Nato, Anm. d. Red.) uns angriffen, nachdem wir Bani Walid verlassen hatten. Es waren nicht die Libyer, sondern die Ungläubigen», betonte Saif gegenüber den libyschen Journalisten. 26 Leute seien bei dem Angriff umgekommen, viele wurden verletzt. In Sintan geniesse er jetzt die medizinische Pflege, die er benötige.

Verlangt nach «Saifs Fingern, die auf uns gezeigt haben»

Einer der Rebellen widerspricht dem jetzt allerdings. Saif sollen die Finger der rechten Hand tatsächlich abgehackt worden sein. In einem Bericht des libyschen Staatsfernsehens soll der Rebell gesagt haben: «Ich war Zeuge, als man Saif die Finger abgehackt hat.» Schon monatelang hätten die Rebellen nach «Saifs Fingern, die auf uns gezeigt haben», verlangt. Diese Darstellung scheint auch durch die Aussagen eines Arztes bestätigt zu werden. Andrey Murkhovsky, der Saif al-Islam untersucht habe, bestätigt, dass die verlorenen Finger das Resultat einer Racheaktion der Rebellen gewesen sei, melden verschiedene Medien, unter anderem die «World Socialist Web Site». Die Verletzungen seien viel zu lokal, um von einem Bombenangriff herzurühren: «Wenn die Wunden von einer Granate stammen würden, müsste Saif weitere Verletzungen an seinem ganzen Körper aufweisen», sagte der Arzt. «Aber da sind keine.»

Ein Video (s. unten), welches durch die Nachrichtenagentur AP verbreitet wurde, zeigt Saif kurz nach der Festnahme, umringt von Rebellen. Saif al-Islam nimmt in einem grünen Sessel Platz und betrachtet immer wieder ungläubig seine rechte Hand, an der der Daumen, Zeig- und Mittelfinger dick einbandagiert sind – so, als wäre das ein ganz neuer Anblick für ihn.

(Video: Youtube/AssociatedPress)

UNO fordert gute Behandlung von Saif al-Islam

Die Menschenrechtskommissarin der UNO, Navi Pillay, hat die libysche Übergangsregierung aufgefordert, den am Wochenende gefassten Gaddafi-Sohn Saif al-Islam und Ex-Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi gut zu behandeln.

Die Festnahme des Sohns des früheren Machthabers Muammar Gaddafi und dessen Geheimdienstchefs hätten eine «enorme Bedeutung für die Zukunft der Justiz in Libyen», erklärte Pillay am Montag in Genf. Sie rief zudem die libysche Führung auf, mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vollständig zusammenzuarbeiten.

Die libysche Übergangsregierung beharrt darauf, Saif al-Islam, der lange als Nachfolger seines Vaters gehandelt wurde, in Libyen selbst vor Gericht zu stellen. Der 39-Jährige war am Samstag in der Region Wadi al-Adschal im Südwesten Libyens gefasst und nach Sintan gebracht worden.

Senussi wurde einen Tag später in der Region Al-Gira im Süden des Landes gefangen genommen. Beide Männer waren seit Monaten auf der Flucht und werden vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) verlangt Zugang zu Saif al-Islam. Das IKRK hoffe, den Gefangenen «bald» besuchen zu können, sagte der Generaldirektor der Organisation, Yves Daccord, am Montag.

Das IKRK stehe in Kontakt mit der Übergangsregierung. «Wir haben Zugang zu allen Gefangenen in Libyen verlangt und der Gaddafi-Sohn ist eine Person, die geschützt werden muss», sagte Daccord. (sda)

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