Publiziert

ZürichMann stirbt nach Limmat-Bad – «eine Unterkühlung kündigt sich nicht an» 

Am Samstag bargen Rettungskräfte einen leblosen, mit einer Badehose bekleideten Mann (53) aus der Limmat. Kälteprofi Simon Hegener sagt, welche Risiken das Kaltbaden birgt. 

1 / 5
Ein mit einer Badehose bekleideter Mann wurde am Samstag leblos aus der Limmat geborgen (Symbolbild). 

Ein mit einer Badehose bekleideter Mann wurde am Samstag leblos aus der Limmat geborgen (Symbolbild). 

Urs Jaudas
Trotz sofortiger Reanimation starb der 40-Jährige wenig später im Spital (Symbolbild). 

Trotz sofortiger Reanimation starb der 40-Jährige wenig später im Spital (Symbolbild). 

Urs Jaudas
Simon Hegener ist Präsident der Swiss Cold Training Association (SCTA) und bietet Kältetrainings im Zürcher Utoquai an.

Simon Hegener ist Präsident der Swiss Cold Training Association (SCTA) und bietet Kältetrainings im Zürcher Utoquai an.

Tamedia/Boris Müller

Darum gehts

  • In der Nacht auf Samstag entdeckte eine Passantin einen Körper in der Limmat.

  • Obwohl Rettungskräfte den 53-jährigen Deutschen bargen und reanimierten, verstarb er wenig später im Spital.

  • Das Wasser in der Limmat hat derzeit eine Wassertemperatur von nur etwa sieben Grad.

  • Simon Hegener ist Präsident der Swiss Cold Training Association (SCTA) und bietet Kältetrainings an.

Herr Hegener, in der Nacht auf Samstag entdeckte eine Passantin einen leblosen Schwimmer in der Limmat. Wie gefährlich ist das Schwimmen im See- oder Flusswasser im Winter?

Generell ist unser Standpunkt, dass Kältetraining vorsichtig praktiziert werden und nicht als Wettbewerb oder Mutprobe angesehen werden soll. Also lieber mässig, aber dafür regelmässig. Daher empfehlen wir, die ersten Erfahrungen im kalten Wasser im September oder Oktober zu machen, wenn es noch nicht allzu kalt ist. Wir empfehlen auch, zuerst im kalten, möglichst stehenden Wasser in der Hocke zu verweilen, da schwimmen noch mal mehr ablenkt und grössere Risiken mit sich bringt.  

Welche Risiken birgt das Kaltbaden?

Beim Kältetraining ist es leider so, dass man immer erst im Nachhinein weiss, ob man zu lange im Wasser war oder nicht. Eine Unterkühlung oder ein Krampf kündigen sich nicht frühzeitig an. So etwas kommt spontan und man merkt es erst, wenn es so weit ist. Das geht auch erfahrenen Kaltbadern so. Gemäss der Statistik der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG kommen leider jedes Jahr Menschen beim Schwimmen ums Leben. Fluss und See haben da jeweils ihre eigenen Tücken. Dazu kommen die spezifischen Risiken aus dem Kältetraining.

Ist das Schwimmen im Fluss gefährlich als in einem See?

Beim Schwimmen im Fluss kommt hinzu, dass der Körper aufgrund des fliessenden Wassers schneller auskühlt. Das Wasser, das der Körper um sich herum erwärmt, wird immer direkt weggespült. Zudem kann man sich durch die Bewegung weniger fokussieren und dadurch den Körper weniger entspannen. Eine weitere Gefahr ist, dass der Ausstieg meistens schwieriger ist als im See. Man muss zum richtigen Zeitpunkt an einem Ausstiegspunkt sein und dann sowohl die Kraft haben, um auszusteigen, und auch nicht zu steife Muskeln und Gelenke haben, um aussteigen zu können. Das sind Faktoren, die den Fluss gefährlicher machen.

Von der Gefährlichkeitsstufe her sehen wir es folgendermassen:

  1. Kneippen.

  2. Im See sitzend oder stehend verweilen.

  3. Schwimmen im See an geeigneter Stelle.

  4. Schwimmen im Fluss an geeigneten Stellen.

  5. Bergseen.

  6. Bergbäche.

Kann man die Risiken beim Kaltbaden minimieren? 

Ja, zum Glück kann man das Risiko im kalten Wasser mit einfachen Massnahmen zu einem grossen Teil reduzieren. Unsere klare Empfehlung ist etwa, im Winter nicht alleine beziehungsweise nicht ohne Aufsicht ins Wasser zu gehen. Oft denken Anfänger, dass sie das alleine machen können, weil sie ja auch im Sommer ins Wasser gehen. Allerdings kann man als Anfänger die körperlichen Veränderungen im kalten Wasser noch nicht gut genug abschätzen. Eine Person an Land sollte deshalb imstande sein, im schlimmsten Fall zu Hilfe zu kommen. Ebenfalls für die Rückreise, falls man unter Kälteverwirrung leidet.

Zu den anderen Massnahmen gehören wie folgt:

  • Nur gut vorbereitet ins Wasser – also nicht überhitzt oder schwitzend, nicht mit vollem Magen, nicht kurz nach Atemübungen, nicht alkoholisiert oder während einer Krankheit.

  • Nur bei geeigneten Konditionen ins kalte Wasser gehen – also bei Tageslicht und guter Sicht, mit akzeptablem Wetter und etwa nicht zu starker Strömung.

  • Keine verrückten Sachen machen, wie etwa zu lange im Wasser zu bleiben, direkt ins kalte Wasser zu  springen oder sich mit anderen Sachen ablenken.

Wieso sollte denn überhaupt jemand freiwillig Eisbaden gehen? 

Dafür gibt es einige Gründe. Ich persönlich nutze die Kälte, weil es mir mittlerweile einfach Spass macht und mich total entspannt. Es ist wie eine intensive Mini-Meditation. Zum anderen kann man lernen, in stressigen Situationen gelassen zu bleiben. Diese Fähigkeit lässt sich ins normale Leben übertragen, also zum Beispiel in die Arbeitswelt.

Es gibt noch nicht genügend Studien, um das wissenschaftlich zu begründen, aber aus eigener Erfahrung und von den Erzählungen anderer kann das Kältetraining bei Allergien oder Depression helfen. Zudem kann die Kältetherapie ergänzend zur Physiotherapie für die Verbesserung der Mobilität eingesetzt werden. Auch in der Schmerztherapie kann der gezielte Einsatz von extrem tiefen Temperaturen eine wirkungsvolle Rolle spielen. Insbesondere bei rheumatischen Erkrankungen sowie Schmerzsymptomen unterbricht die Kälte die Schmerzleitung, sie wirkt entzündungshemmend und das Immunsystem wird gestärkt.

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung