Uniform für alle!: Maurer sagt Larifari in Armee den Kampf an

Aktualisiert

Uniform für alle!Maurer sagt Larifari in Armee den Kampf an

Tausende Soldaten leisten ihren Dienst ausserhalb von WK-Truppen. Ihnen will der Verteidigungsminister wieder Disziplin beibringen – mit Uniform und Kasernen-Massenschlägen.

Simon Hehli
von
Simon Hehli
Ueli Maurer auf Truppenbesuch. Er will, dass alle Soldaten wieder in Uniform einrücken - und anständig salutieren.

Ueli Maurer auf Truppenbesuch. Er will, dass alle Soldaten wieder in Uniform einrücken - und anständig salutieren.

Solche Bilder passen nicht zu einer Armee, die irgendwann zur besten der Welt werden soll: Soldaten, die unterwegs zum Einrücken das olivgrüne T-Shirt fast bis zu den Knien hängen haben. Soldaten, die sich vor lauter Langeweile DVDs am Laufband reinziehen. Soldaten, die ohne Erlaubnis in den Ausgang gehen. Soldaten, die gar nicht erst eine Uniform anziehen müssen und zum Übernachten nach Hause fahren dürfen.

Die Männer, die langsam zu einem Imageproblem für die Armee zu werden drohten, sind Mitglieder eines so genannten Betriebsdetachements. Sie gehören nicht einer regulären WK-Einheit an, sondern leisten Spezialdienste – etwa in den Büros oder Küchen der Waffenplätze, als Medientrainer für Offiziere oder als Rechercheure in der Militärbibliothek. Diese Spezialisten werden häufig nur für einzelne Tage aufgeboten und bisher von ihren unmittelbaren Vorgesetzten – sofern solche präsent sind – an der langen Leine gelassen.

Blattmanns Befehl Omikron

Doch damit ist jetzt Schluss. Ohne dass die Öffentlichkeit aktiv darüber informiert worden wäre, herrscht seit Oktober 2011 ein neues Regime. Verteidigungsminister Ueli Maurer hatte die Nase voll von Berichten über Däumchen drehende Betriebssoldaten, die in Internetforen kursierten und auch in den Medien aufgegriffen wurden.

Die Vorgaben Maurers setzte Armeechef André Blattmann mit dem Befehl Omikron (griechischer Buchstaben O) um: Seit zehn Monaten ist wieder strikt vorgeschrieben, welcher Kommandant für welche Soldaten zuständig ist und wie er diese betreuen muss. So gibt es auch wieder klare Regeln für die Schiessausbildung, Waffeninspektionen und die Materialkontrolle. Kein Soldat soll mehr machen können, was ihm gerade gefällt.

Auch die Extrawürste für einzelne Spezialisten – Dienstleisten in Zivil, Übernachtungen zuhause – gehören der Vergangenheit an, wie Armeesprecher Walter Frik gegenüber 20 Minuten Online sagt. Nur noch einzelne Aktivitäten dürfen die Betriebssoldaten demnach in Zivilkleidern absolvieren, etwa Sport oder Rollenspiele für Ausbildungszwecke.

Erfolg der Umsetzung unklar

Wie viele Soldaten von den strengeren Regeln genau betroffen sind, kann Frik nicht sagen, weil es sich um «höchst individuelle Dienstleistungen» handle. Der Bereich «Ausbildung und Support», in den Armeeangehörige mit speziellen Kenntnissen eingeteilt sind, umfasst jedoch 38 500 Personen – fast ein Drittel der ganzen Armeebestände.

Inwiefern sich das neue Regime durchsetzen lässt, ist unklar. Sprecher Frik sagt, die Armeeführung habe noch kein Feedback erhalten. Aus betroffenen Verbänden sind jedoch Zweifel zu hören. So müsste die Armee mehr Betten zur Verfügung stellen, wenn ausnahmslos alle Soldaten vor Ort zu übernachten haben. Die daraus resultierenden Mehrkosten seien politisch kaum opportun, meint eine Quelle.

«Es braucht wieder mehr Disziplin»

Tatsächlich spricht sich SP-Sicherheitspolitikerin Edith Graf-Litscher dafür aus, dass Soldaten, die zivile Aufgaben erledigen, den Dienst in Zivilkleidern absolvieren und zuhause übernachten dürfen. «Das ist wieder einmal ein typischer Fall, in dem die Armee Probleme am falschen Ort zu lösen versucht.» Viel wichtiger sei, dass sich auch normale WK-Soldaten und Rekruten in der Öffentlichkeit anständig verhielten, mahnt die Thurgauerin. «Die Armeeführung darf es nicht tolerieren, wenn Soldaten im Zug Saufgelage veranstalten. Schliesslich haben sie eine Vorbildfunktion, wenn sie in Uniform sind.»

Mehr Freude an Maurers Züchtigungsversuchen äussert dessen Zürcher Parteikollege Hans Fehr. Er hat sich beim Pendeln nach Bern schon häufig über Betriebssoldaten geärgert, die in schlampiger Kleidung oder offensichtlich zu spät unterwegs waren. Es brauche wieder mehr Disziplin, findet der Oberstleutnant – auch aus Gründen der Gerechtigkeit. «Das Milizsystem und Privilegien für gewisse Spezialisten vertragen sich nicht. Solche Günstlingswirtschaft führt nur zu schlechter Stimmung in der Truppe.»

Haben Sie im Militärdienst auch ein strengeres Regime festgestellt? Oder ist gar das Gegenteil der Fall? Schreiben Sie unten ein Feedback oder schicken Sie ein Mail an: feedback@20minuten.ch

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