Tödliche ErregerMehr als 70 Menschen mit Milzbrand infiziert?
Ein 12-Jähriger ist gestorben, Dutzende Menschen sind in Sibirien wegen Verdachts auf Anthrax im Spital. Der Notstand wurde ausgerufen.
- von
- pat
Beim ersten Ausbruch von Milzbrand in Nordsibirien seit 75 Jahren ist ein zwölfjähriger Bub gestorben. Insgesamt seien etwa 70 vermutlich Infizierte in Kliniken gebracht worden, teilten die Behörden in Salechard am Nordpolarkreis am Montag mit.
Zudem seien bereits mehr als 2300 Rentiere an dem Erreger gestorben. Experten aus Moskau stellten in der rund 2000 Kilometer entfernten Region ein Feldlazarett auf und begannen, mehr als 40'000 Rentiere zu impfen. Die gesamte Region steht unter Quarantäne. Der Gouverneur der Region, Dmitry Kobylkin, hat den Notstand ausgerufen.
Ausbruch wegen Friedhof?
Infektionsherd könnte ein historischer Friedhof der Jamal-Nenzen sein, hiess es. Das indigene Volk bestatte seine Toten traditionell in Holzsärgen und vergrabe diese nicht, weil der Boden früher tief gefroren gewesen sei. Die Region gilt zwar seit 1941 als Anthrax-frei.
Experten vermuten jedoch, dass die seit über einem Monat herrschenden ungewöhnlich hohen Temperaturen den Permafrost zum Schmelzen gebracht haben, in dem die tödlichen Sporen über mehr als ein Jahrhundert konserviert waren.
Milzbrand oder Anthrax ist eine bakterielle Infektionserkrankung, die meist Tiere in Afrika, Asien und Teilen Europas befällt. Gefährdet sind vor allem Paarhufer wie Rinder. Menschen in Industrieländern sind äusserst selten betroffen.
Einsatz als biologische Waffe
In der Geschichte wurde immer wieder mit Anthrax-Bakterien als biologische Waffe experimentiert. Milzbranderreger waren für deutsche Wissenschaftler während des Ersten Weltkriegs Thema, in Japan gab es damit 1932 in der Mandschurei Versuche. Auch Frankreich, Grossbritannien und die USA arbeiteten während des Zweiten Weltkriegs an Anthrax-Kampfmitteln.
Einer der jüngsten Vorfälle ereignete sich im Herbst 2001, als in den USA insgesamt sieben Briefe mit den Erregern an Regierungsstellen verschickt wurden. Fünf Personen starben. (pat/sda)
Neun tote Tiere in Schweden
Die schwedischen Behörden bestätigen den durch Milzbrand ausgelösten Tod von acht Rindern und einem Pferd in der Region Östergötland. Die Tiere stammten von verschiedenen Betrieben.
Das Veterinäramt ermittelt derzeit die Quelle der Infektion. Weiter werden sämtliche Nutztiere geimpft, berichtet das Newsportal «thelocal.se».