Schiers GRMehr als hundert Tonnen Gestein donnern für Experiment Hang hinab
Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung hat in Schiers ein Experiment durchgeführt. Dafür wurde kürzlich mit einem Helikopter Gestein über einem Hang abgeworfen. Erste Erkenntnisse konnten bereits gewonnen werden.
- von
- Adriel Monostori
Tonnenschwere Steine donnern den Hang hinab.
Darum gehts
Das Davoser Institut für Schnee- und Lawinenforschung hat kürzlich in Schiers GR Experimente durchgeführt.
Die Untersuchungen sollen Erkenntnisse geben, wie Steinschläge auf liegendes Totholz reagieren.
Aus den Ergebnissen können neue Gefahrenkarten erstellt werden.
In der Gemeinde ist man stolz, am Experiment beteiligt zu sein.
Das Davoser Institut für Schnee- und Lawinenforschung SFL führte kürzlich in Schiers GR ein Abschlussexperiment durch, das zeigen soll, welchen Einfluss liegendes Holz, auch Totholz genannt, auf Steinschläge hat. Dabei wurden verschieden grosse Steine mit einem Gewicht von 2,7 bis 3,5 Tonnen den Hang runtergeworfen.
Ein Superpuma-Helikopter brachte am Testtag zwanzig Mal Steine zu einem bewaldeten Hangstück oberhalb des Kieswerks in Schiers. Anschliessend wurden sie abgeworfen. «Das Experiment ist sicher nicht ganz günstig. Der Superpuma rechnet pro Flugminute ab. Wenn er in der Luft ist, wird man schnell ein-, zweihundert Franken los», sagte Andrin Caviezel von der Schnee- und Lawinenforschung zur «Südostschweiz». Einen genauen Betrag zu den Kosten nannte er aber nicht. Der Aufwand lohne sich, denn die Erkenntnisse seien ein grosser Sicherheitsgewinn. Mittels verschiedener Sensoren in den Steinen und mit über 20 Kameras am Hang verteilt, sowie weiteren Messinstrumenten, könne nämlich die Flugbahn der Steine rekonstruiert werden.
Zehn Mal seien die Steine ohne und zehn Mal mit Totholz den Hang heruntergeworfen worden. Dabei wurde vor allem darauf geachtet, wie hoch die Bremswirkung bei Totholz ist. Zuvor wurde das Experiment bereits mit leichteren Steinen durchgeführt. Die ersten Eindrücke hätten gezeigt, dass die grösseren Steine eine beträchtliche Durchschlagskraft haben. «Der Versuchstag bestätigt aber auch in dieser Grössenklasse, dass plattige Steine im Wald um einiges leichter gestoppt werden können, wenn sie durch einen Baum aus der Bahn geworfen werden», sagt Caviezel.
Erkenntnisse für bessere Gefahreneinschätzung
Die aus den Experimenten gewonnenen Daten werden bei der Schweizer Schnee- und Lawinenforschung dafür eingesetzt, Gefahrenkarten zu erstellen. Martin Heggli, Mediensprecher der Schnee- und Lawinenforschung, sagt zu 20 Minuten: «Nun kann besser abgeschätzt werden, ob sich Strassen, Bahnlinien und Häuser in Gefahrenzonen befinden und ob es allenfalls zusätzliche Massnahmen braucht, wie zum Beispiel Schutznetze.» Zudem sei auch die hauseigene Computersoftware für Steinschlagsimulationen mit den Daten gefüttert worden. «Mit diesem Programm können wir noch besser nachvollziehen, wie sich Steine in betroffenen Gebieten verhalten», erklärt Heggli.
Der Steilhang in Schiers habe sich für die Experimente ideal geeignet. «Der Hang ist genügend steil, hatte von einem Sturm bereits Totholznester am Boden liegen und am Talboden waren keine Häuser, nur ein Bach und das Kieswerk», so Heggli. Zudem sei man froh, dass man, trotz der durch die Experimente zerstörten Bäume, die Erlaubnis für die Durchführung bekommen hat.
Die Bevölkerung von Schiers hat von den kürzlich durchgeführten Experimenten nicht viel mitbekommen. Das zeigt eine kurze Umfrage in der Gemeinde. Informiert habe man die Dorfbewohnenden bereits vor mehr als einem Jahr, als die ersten Experimente stattgefunden haben, sagt Thomas Löffel von der Forstverwaltung Schiers. Für die Gemeinde haben die Ergebnisse, die am Hang gewonnen wurden, nebst dem Voranbringen der Forschung, keine spezielle Bedeutung. Löffel meint: «Die Erkenntnisse sind international wichtig und haben einen fachlichen Wert. Es bestätigt, dass in einem guten Schutzwald Totholz eine grosse Bedeutung hat. Es macht mich stolz, dass wir ein Teil dieses Experimentes sein durften.»
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