Schweizerischer Erdbebendienst: Mehr Erdbeben in Basel – Bohrloch wird geöffnet

Aktualisiert

Schweizerischer ErdbebendienstMehr Erdbeben in Basel – Bohrloch wird geöffnet

Experten stellen eine Zunahme von noch nicht spürbaren Erdbeben in Basel fest. Schuld daran ist das Geothermie-Bohrloch in Kleinhüningen. Es soll deshalb geöffnet werden.

Der steigende Druck im Geothermie-Bohrloch in Kleinhüningen sorgt vermehrt für Mikro-Erdbeben in Basel. Das Loch soll deshalb wieder geöffnet werden.

Der steigende Druck im Geothermie-Bohrloch in Kleinhüningen sorgt vermehrt für Mikro-Erdbeben in Basel. Das Loch soll deshalb wieder geöffnet werden.

Keystone/Georgios Kefalas

Zehn Jahre nach dem Abbruch der Basler Geothermie-Versuche wegen Erdstössen muss Druck im alten Bohrloch abgelassen werden. Das 5000 Meter tiefe Loch soll bis im Sommer kontrolliert geöffnet werden.

Nach mehrjährigen Vorbereitungen war 2006 die erste Bohrung des «Deep Heat Mining»-Projekts im Basler Stadtteil Kleinhüningen gestartet worden: Kaltwasser sollte im Tiefengestein aufgeheizt und die Wärme oben genutzt werden, wozu vorab der Fels unten mit Hilfe von Wasserdruck durchlässig gemacht werden sollte.

Fachleute von Beben überrascht

Dieses «Klüften» genannte Verfahren löste jedoch Erdstösse aus. Am 8. Dezember 2006 erschütterte ein deutlich spürbares Erdbeben der Stärke 3,4 die Region – es bedeutete das Ende des 100-Millionen-Projekts. Fachleute waren von der Stärke der Stösse überrascht und die Bevölkerung war zuwenig vorbereitet.

Lokale Nachbeben wurden noch bis 2007 gemessen; Ende 2009 beerdigte die Basler Regierung das Projekt definitiv. 2011 wurde das Bohrloch verschlossen, und seit 2012 überwacht der Schweizerische Erdbebendienst (SED) die Lokalität im Auftrag des Stadtkantons.

Mehr Mikrobeben

Dass seit da der Druck unter dem Deckel des geschlossenen Bohrlochs anstieg, sei erwartet worden, teilte das baselstädtische Gesundheitsdepartement (GD) am Mittwoch mit. In den letzten Monaten sei nun auch die Zahl der nicht spürbaren Mikro-Beben deutlich angestiegen. Das stärkste erreichte nun eine Magnitude von 1,9 – spürbar für Menschen sind Stösse ab etwa 2,5.

Dass nach einer kontrollierten Wiederöffnung des Bohrlochs die Mikrobeben erneut «graduell abnehmen», werde «mit hoher Wahrscheinlichkeit» erwartet, heisst es weiter. Um ein für die Bevölkerung spürbares Beben zu vermeiden, habe das GD daher die Öffnung des Bohrlochs verfügt.

Experten könnten allerdings auch so nicht ausschliessen, dass in den kommenden Jahren ein spürbares Erdbeben auftreten kann. Nach heutiger Einschätzung blieben indes Schadensbeben unwahrscheinlich.

Kosten und Dauer der Öffnung sind unklar

Als Eigentümerin des Bohrlochs sind die Industriellen Werke Basel (IWB) verantwortlich für die alte Anlage. Sie arbeiten ein konkretes Projekt für eine langsame Öffnung und ein kontrolliertes Ablassen des Drucks aus. Gemäss einem IWB-Sprecher ist noch nicht bekannt, wie lange dies dauern wird – auch die Kosten seien noch nicht beziffert.

Nach früheren Erfahrungen rechnet man beim Öffnen mit dem Austritt von Wasser und «wenigen Gasen», im Wesentlichen Stickstoff. Gemäss dem Sprecher ist beides nicht nutzbar und wird entsorgt.

Die Idee, für die Wärmegewinnung Gestein mittels Wasserdruck durchlässig zu machen, wird derweil andernorts weiter verfolgt: So läuft im Grimselgebiet ein Versuch im Felslabor mit weit geringerem Druck als damals in Basel. Und in Genf gibt es Pläne, ab 2020 Gesteinswärme in bis zu 3000 Metern Tiefe zu nutzen. (sda)

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