ALV: Mehr Lohnabzug ab 2011

Aktualisiert

ALVMehr Lohnabzug ab 2011

Der Lohnabzug für die Arbeitslosenversicherung (ALV) wird 2011 steigen. Das hat der Bundesrat beschlossen.

Ob der Abzug von 2 auf 2,5 oder auf 2,2 Prozent angehoben wird, hängt davon ab, ob das Referendum gegen die Revision der ALV zu Stande kommt und ob das Volk es unterstützt.

Gelingt die Revision, ist eine Erhöhung des Lohnabzuges um lediglich 0,2 Prozent nötig, wie dies auch die Revisionsvorlage vorsieht. Mehr wäre nicht nötig, weil die Vorlage gleichzeitig Kürzungen bei den Leistungen der Arbeitslosenkasse vorsieht.

Scheitert die Revision, muss der Lohnabzug vom kommenden Jahr an um 0,5 Prozent erhöht werden. Dies ist nötig, um die Verschuldung des Ausgleichsfonds der ALV nicht weiter wachsen zu lassen und die Kasse zu stabilisieren. Bis das Parlament eine neue Revision verabschieden wird, dürfte es mindestens drei Jahre dauern.

Das Referendum gegen die ALV-Revision wurde von links lanciert. Die Unterschriftensammlung dauert bis 8. Juli, eine allfällige Urnenabstimmung findet am 26. September statt.

Im einen wie im andern Fall eingeführt wird ein Solidaritätsprozent auf hohen Einkommen. Höchstens ein zusätzliches Lohnprozent würde auf Lohnbestandteilen zwischen dem maximalen versicherten Verdienst von 126'000 und 315'000 Franken - dem Zweieinhalbfachen davon - erhoben.

Grund der Erhöhung ist die Verschuldung des Ausgleichsfonds der Arbeitslosenkasse. Übersteigt diese die gesetzlich festgeschriebene Grenze von 2,5 Prozent der versicherten Lohnmenge, muss der Bundesrat die Lohnabzüge rasch erhöhen. Die Schuldenobergrenze von derzeit 6,7 Milliarden Franken wurde am 7. April 2010 erreicht.

Gewerkschaften für höheren Lohnabzug

Die Gewerkschaften befürworten einen höheren Lohnabzug für die Arbeitslosenversicherung (ALV), wie ihn der Bundesrat vorschlägt für den Fall, dass die ALV-Revision scheitert. Diese «automatische» Sanierung funktioniere und sei der Bevölkerung bei der letzten Revision des Bundesgesetzes über die Arbeitslosenversicherung versprochen worden, teilte der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) am Mittwoch mit.

Wenn der Bundesrat nun aber die ALV mit einer neuen Revision über Leistungskürzungen sanieren wolle, breche er dieses Versprechen. Damit die Kaufkraft im kommenden Jahr nicht leide, schlägt der SGB vor, die Beitragserhöhung zu etappieren.

Auch für den Arbeitnehmerdachverband Travail.Suisse ist es besser, auf Anfang 2011 die Beitragssätze um 0,5 Prozent zu erhöhen und das Solidaritätsprozent einzuführen. Diese zeitlich befristete Massnahme bedeute eine solidere Finanzierung als das mit der 4. Revision der Fall wäre, schreibt die Gewerkschaft in ihrem Communiqué.

Das heutige Leistungsniveau der ALV würde somit beibehalten und nicht um 630 Millionen Franken zusammengestrichen. Leistungskürzungen bei den Erwerbslosen wirken sich laut Travail.Suisse auf die Konjunktur ungünstiger aus als Beitragserhöhungen.

«Gift für die Wirtschaft»

Das sehen die Arbeitgeber anders. Die vom Bundesrat in Aussicht gestellte Erhöhung der Beiträge um 0,5 Prozentpunkte plus ein Solidaritätsprozent wären Gift für die Wirtschaft und die Konsumenten, schreibt der Schweizerische Arbeitgeberverband.

Die Beitragserhöhung in der ALV müsse deshalb gebremst werden. Die vom Parlament verabschiedete Revisionsvorlage ist nach Ansicht des Arbeitgeberverbands dagegen ausgewogen. Die Leistungskorrekturen seien sinnvoll und angemessen.

Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) stört sich am Entscheid des Bundesrats, die Beitragssätze Anfang 2011 anzuheben, das Gesetz aber voraussichtlich später einzusetzen, wie es in einer Mitteilung heisst. Die Landesregierung habe die Regeln mitten im Spiel geändert. Angesichts der massiven Verschuldung der ALV sei es problematisch, mit der nachhaltigen Sanierung noch länger zuzuwarten.

Werde die ALV-Revision abgelehnt, führe dies zu einem mehr als doppelt so hohen Aufschlag auf den Lohnabzügen. Das gelte es dringend zu verhindern. (sda)

Linke nehmen höhere ALV-Beiträge in Kauf

Der Bundesrat droht, die Beiträge für die Arbeitslosenkasse drastisch zu erhöhen. Die Linken zeigen sich trotzdem zufrieden.

Unwahrscheinlich, aber wahr: Die Linken freuen sich, obwohl der Bundesrat die Arbeitnehmer stärker zur Kasse bitten will. Was ist passiert? Linke und Gewerkschaften stemmen sich gegen die vom Bund geplante Revision der Arbeitslosenversicherung (ALV). Diese sieht einen Leistungsabbau von 622 Mio. Franken vor und eine Beitragserhöhung von heute 2 auf 2,2%. Am 6. Juli wollen die Reformgegner ihre Unterschriftensammlung für das Referendum einreichen.

Der Bundesrat hat nun reagiert. Gestern liess er verlauten, dass die ALV-Beiträge wegen der hohen Verschuldung der Kasse in jedem Fall per 2011 steigen werden. Sollte das Referendum beim Stimmvolk Gefallen finden, so will der Bund die Beiträge sogar auf 2,5% erhöhen. Das trifft insbesondere kleine Löhne. Thomas Daum vom Arbeitgeberverband findet: «Die Linke bestraft mit ihrem Referendum die eigene Klientel.»

Die Gewerkschaften sehen das nicht so und hoffen auf ein Durchkommen des Referendums. «Ärmere Arbeitnehmer werden zwar zur Kasse gebeten. Aber dafür bleiben die Leistungen für Arbeitslose bestehen», findet Susanne Blank von Travailsuisse. Der Konsum wäre stärker gefährdet, würden die 622 Mio. Franken gestrichen. Auch Daniel Lampart vom SGB gibt sich kämpferisch: «Man zahlt ja nicht einfach nur mehr Beiträge, sondern kriegt dafür auch Leistungen. Gerade tiefere Löhne profitieren.» (Elisabeth Rizzi)

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