Tinder Swindler«Mein Match behauptete, ein Prinz zu sein – ich habe ihm geglaubt!»
Der «Tinder Swindler» soll Frauen um mehrere Millionen gebracht haben. Auch 20-Minuten-Leser*innen haben durch Betrüger*innen viel Geld verloren.
- von
- Deborah Gonzalez
- Gabriela Graber
Darum gehts
«Kannst du mir Geld leihen, meine Karten wurden gesperrt. Ich verspreche dir, dass ich es dir bald zurückzahle!» – mit dieser Masche soll Shimon Hayut verliebte Frauen um ihr Geld gebracht haben. Auf Tinder soll er sich als Milliardärserbe ausgegeben und seinen Opfern grosse Gefühle vorgegaukelt haben: So erschlich sich Simon Leviev, wie er sich auf der Dating-Plattform nannte, weltweit rund zehn Millionen Franken.
Doch Hayut ist mit dieser Masche nicht allein unterwegs. Auch 20-Minuten-Leser*innen wurden aus «Liebe» um viel Geld betrogen:
«Um ihn zu treffen, sollte ich 2000 Franken zahlen»

Manuel* (33) hatte Kontakt mit einem angeblichen Prinzen – noch heute möchte er glauben, dass die Geschichte wahr ist.
Der 33-jährige Manuel* hatte ein ganz spezielles Match auf Tinder: «Ich sah sein Gesicht und habe nach rechts geswiped. Sofort fingen wir an zu schreiben und nach nicht allzu langer Zeit verriet er mir sein angebliches Geheimnis: Er sei Hamdan bin Muhammad Al Maktum, der Kronprinz der Luxusstadt Dubai, gefangen in einer Welt, die Homosexuelle mit Todesstrafen ächtet. Er wolle ausbrechen und ein freies Leben leben.
Ich war natürlich skeptisch und überprüfte alles – doch es kam mir sehr echt vor. Es folgten viele Liebeserklärungen, wir wollten uns sogar treffen. Mit einer Bedingung: Ich müsse erst Mitglied eines Vereins werden und einen Beitrag in Höhe von 2000 Franken zahlen. Als ich ablehnte, brach er den Kontakt ab. Das hat mich schon sehr verletzt, weil ich doch sehr verliebt war. Ich denke heute noch an ihn – und frage mich manchmal, ob er vielleicht doch echt gewesen ist…»
«Mein Vater verkraftete die Wahrheit nicht und starb kurz darauf»
Nicht Pia (48) selbst, aber ihr 74-jähriger Vater ist auf eine Love-Scammerin hereingefallen: «Meinem Vater ging es sehr schlecht, er lag todkrank im Spital. Sein letzter Wunsch war es, dass ich zu seiner Freundin Kontakt aufnehme. Zu dem Zeitpunkt hatte ich überhaupt nichts von einer Beziehung gewusst. Natürlich wollte ich ihm den Wunsch nicht abschlagen und habe die Frau kontaktiert. Ich wusste sofort: Mein Vater war Opfer eines Love-Scams geworden. Die Art, wie diese Frau schrieb, zeigte mir, dass sie fake sein musste.
Mein Vater will diese angebliche «Francine» in einer Bar in Dijon kennengelernt und sich sofort in sie verliebt haben. Danach hatten sie nur noch telefonischen Kontakt. Als ihm Francine mitteilte, sie sei in einer Notlage, überwies ihr mein Vater über mehrere Monate hinweg insgesamt 8000 Franken. Als sie sich irgendwann nicht mehr meldete, war der Fall klar. Mein Vater jedoch verkraftete es nicht, er war zutiefst enttäuscht. Kurze Zeit später ist er im Spital verstorben. Ich denke, dass hinter dieser Masche eine ausgeklügelte Organisation steckt. Ich finde es unendlich traurig und falsch, wie hier mit den Gefühlen eines Menschen gespielt wurde. Selbst als er todkrank im Spital lag, haben sie nicht aufgehört.»
«Love-Scam zielt auf Menschen mit Wunsch nach Partnerschaft»
Auch wenn die geschilderten Fälle dem der Netflix-Dokuserie ähneln, muss man differenzieren, erklärt die stellvertretende Geschäftsleiterin der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP), Chantal Billaud: «Während Hayut ein Hochstapler ist, der Ruhm, Geld und Macht will, wurden diese Personen Opfer von sogenannten Love-Scammern. Das sind ganz normale Menschen, die fälschen, um einer Rolle zu entsprechen und so an Geld zu kommen.»
Die Mehrzahl der Love-Scammer verdient sich mit Online-Betrug ihr tägliches Brot und kommt in der Regel aus ärmeren Ländern, insbesondere aus Westafrika, so Billaud. Ihre Opfer sind Menschen, die sich stark nach Liebe sehnen. «Der Love-Scam zielt auf Menschen mit einem ausgeprägten Wunsch nach Partnerschaft. Schweizweite Zahlen dazu gibt es nicht, man kann jedoch annehmen, dass bei Delikten, die für die Opfer schambehaftet sind, eine hohe Dunkelziffer vorliegt», erklärt Billaud.
*Name der Redaktion bekannt.
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