Protest gegen neue RegelungMillionär droht Politikern, ihre Surf-Daten zu kaufen
Ein Parlamentsbeschluss, der den Datenschutz der US-Bürger durchlöchert, erhitzt die Gemüter. Kritiker gehen nun auf originelle Weise dagegen vor.
- von
- mlr
Dass Internetnutzer in den USA künftig um ihre Privatsphäre bangen müssen, ruft Aktivisten auf den Plan. Am Dienstag hatte nach dem Senat auch das Abgeordnetenhaus einen Entscheid gebilligt, nach dem Internet-Anbieter den Browser-Verlauf ihrer Kunden ohne deren Einwilligung an den Meistbietenden verkaufen dürfen. Es fehlt nur noch die Unterschrift des US-Präsidenten – und Donald Trumps Zustimmung gilt als sicher.
Dagegen formiert sich jetzt Widerstand: Der Millionär Max Temkin hatte bereits vor der Abstimmung in einem Tweet angekündigt, die Browser-Verläufe aller Abgeordneten zu kaufen und zu veröffentlichen, wenn das Gesetz durchgewunken wird.
Spendenaufrufe als Rache an Politikern
Demnächst wird der Miterfinder des Kartenspiels «Cards Against Humanity», der im vergangenen November zum Black Friday mit einer sinnlosen Loch-graben-Aktion Aufmerksamkeit erregt hatte, seinen Worten wohl Taten folgen lassen müssen. Immerhin steht Temkin mit seiner Idee nicht allein da. Auf Gofundme.com wurden vor wenigen Tagen zwei Spendenaufrufe mit einem ähnlichen Ziel gestartet: die privaten Internetdaten von Donald Trump und jener Kongressabgeordneten zu kaufen, die für das Gesetz mit der Bezeichnung SJR34 gestimmt haben.
Der Internet-Aktivist Adam McElhaney hat über seinen Aufruf bisher umgerechnet 146'000 Franken gesammelt, bei jenem von «Supernatural»-Schauspieler Misha Collins sind etwa 61'000 Franken zusammengekommen (beide: Stand Donnerstagmittag).
Unterstützt von der Wirtschaft
Einen Sündenbock hat die Netzgemeinde auch schon ausfindig gemacht: die republikanische Kongressabgeordnete Marsha Blackburn. Die Politikerin ist die Verfasserin des Gesetzentwurfs – und das gemäss «Vocativ» aus einem bestimmten Grund. Die 64-Jährige ist demnach im Laufe ihrer Karriere immer wieder von Internetanbietern finanziell unterstützt worden. Insgesamt sollen Firmen wie AT&T, Comcast oder Verizon über eine halbe Million Dollar an Spendengeldern für ihre Kampagnen überwiesen haben.
Allerdings ist Blackburn nicht die Einzige, die Geld von der Kommunikationsindustrie genommen hat. «The Verge» listet auf, welche Politiker aus Senat und Kongress wie viel an Spendengeldern bekommen haben. Die Liste umfasst 265 Politiker, allesamt Republikaner.
Erst Trumps Vorgänger Barack Obama hatte die Datenschutzregeln verschärft. Die Telecom-Aufsicht FCC hatte daraufhin ein Verbot für Internetanbieter erlassen, Nutzerinformationen über besuchte Websites ohne deren Zustimmung zu verkaufen. Diese Regelung würde mit dem neuen Entscheid rückgängig gemacht. Das Votum im Abgeordnetenhaus am Dienstag fiel mit 215 zu 205 Stimmen knapper aus als erwartet, weil auch 15 Republikaner dagegen stimmten.