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Mit abgehackten Fingern und dem schielenden de Weck gegen die SRG

Im Kampf für und vor allem gegen ein neues Radio- und TV-Gesetz gibt es kein Halten mehr: In der Abstimmungszeitung des Gewerbeverbands wird es jetzt sogar blutig.

Philipp Loser
von
Philipp Loser
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Mit Splatter-Ästhetik gegen die Revision des Radio- und TV-Gesetzes: Bild aus der aktuellen Ausgabe der «Schweizerischen Gewerbezeitung».

Mit Splatter-Ästhetik gegen die Revision des Radio- und TV-Gesetzes: Bild aus der aktuellen Ausgabe der «Schweizerischen Gewerbezeitung».

kein Anbieter/SGV
Hat die Kampagne für den Gewerbeverband konzipiert: Werber Alexander Segert.

Hat die Kampagne für den Gewerbeverband konzipiert: Werber Alexander Segert.

kein Anbieter/Dominique Meienberg
So schröpfen Bundesrätin Leuthard und SRG-Direktor de Weck das Volk: Comicstrip aus der «Gewerbezeitung».

So schröpfen Bundesrätin Leuthard und SRG-Direktor de Weck das Volk: Comicstrip aus der «Gewerbezeitung».

kein Anbieter/SGV

Bei einer Maus wäre es ein sauberer Genickbruch, unter Umständen sogar eine nicht ganz so saubere Enthauptung. Bei der menschlichen Hand, die in diese Mausefalle namens Billag geraten ist, reicht die Kraft der Falle zumindest, um den Mittel- und den Zeigefinger halb abzutrennen (die anderen Finger sind gnädigerweise nur blau geschlagen). Garniert ist dieses Glanzstück hiesiger Photoshop-Kunst mit ein paar Tropfen Blut.

Harter Stoff, den Gewerbeverbands-Direktor Hans-Ulrich Bigler in seiner Abstimmungszeitung gegen das neue Radio- und TV-Gesetz (RTVG) den Lesern präsentiert. Diese Woche wurde das Extrablatt in den zehn grössten Schweizer Städten und Agglomerationen verteilt, Auflage: 2,5 Millionen. Gehässig, das war der Abstimmungskampf über die neue Medienabgabe schon länger. Jetzt wird er schmutzig. Im Innern der Zeitung darf Satiriker Andreas Thiel noch einmal seine Talk-Erfahrung mit Roger Schawinski Revue passieren lassen («Tiefgang heisst bei SRF unter der Gürtellinie» und «Ich hätte nie gedacht, dass unsere Akademiker so ungebildet sind»), es wird der Frage nachgegangen, was die neue Medienabgabe für Katzenbabys bedeutet (nichts Gutes) und für unsere Alten (gar nichts Gutes). Abgerundet wird die Beilage mit einem Comic, in dem ein sabbernder und über Gebühr schielender SRG-Direktor Roger de Weck einem arglosen TV-Zuschauer 1000 Franken aus dem Portemonnaie stiehlt und dabei einen zumindest grenzdebilen Eindruck macht. Der bestohlene Zuschauer organisiert daraufhin seine Freunde vom Mob, und gemeinsam ziehen sie fröhlich mit Hellebarden und Äxten bewaffnet gen Leutschenbach, um den Geldspeicher von de Weck und Medienministerin Doris Leuthard (auch sie sabbernd) ein für alle Mal zu schleifen.

«Die Minarettinitiative war harmlos dagegen»

Er werde sicher nicht auf den biglerschen Kampagnentrick hereinfallen und sich auf eine Stildiskussion einlassen, sagt SP-Nationalrat Cédric Wermuth (AG). Und lässt diesem einleitenden Satz sogleich ein grosses «Aber» folgen. «Aber», sagt Wermuth, «es ist schon erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit Herr Bigler in diesem Abstimmungskampf lügt. Er leistet dem Gewerbe und den KMU damit einen Bärendienst.» Einen solchen Abstimmungskampf habe er in den letzten 15 Jahren nicht erlebt, «die Minarettinitiative war dagegen richtiggehend harmlos». Es sei in diesem Zusammenhang umso erstaunlicher, dass auch linke Parteifreunde dem Gewerbeverband auf den Leim kriechen würden, sagt Wermuth und meint damit unter anderem die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz, die sich kürzlich gegen die neue Medienabgabe ausgesprochen hat.

Auch die bürgerlichen Befürworter eines neuen RTVG ärgern sich über die Kampagne von Hans-Ulrich Bigler. «Ich wünschte mir ein Minimum an Sachlichkeit», sagt CVP-Nationalrat Martin Candinas (GR), der im Ja-Komitee sitzt. Von einem Verband wie dem Gewerbeverband, der sonst durchaus Wert auf einen seriösen Auftritt lege, dürfe man mehr erwarten. «Nehmen Sie nur diesen Comic. Wie da de Weck und unsere Bundesrätin der Lächerlichkeit preisgegeben werden, ist unterste Schublade und zeigt, dass es an echten Argumenten mangelt.»

Wo ist das Problem?

Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbands und der aktuell unerbittlichste Gegner der SRG (wo man die Abstimmungszeitung im Übrigen nicht kommentieren will), mag die Aufregung nicht verstehen. Er hat auch keine Angst, dass die drastische Darstellung der Materie, die abgehackten Finger beispielsweise, kontraproduktiv wirken könnte. «Wir zeigen nur auf, was geschieht, wenn wir Ja zu einer neuen Steuerfalle sagen.» Das Gleiche gelte für den Comic. «In den vorhergehenden Seiten legen wir ausführlich und sachlich dar, wo das Problem liegt. Der Comic fasst das auf eine einfache Art und Weise zusammen.» Auch der Zeichner selber sieht kein Problem in seiner Darstellung von de Weck und Leuthard: Schaue man sich Bilder des SRG-Generaldirektors an, so habe dieser genau diesen Blick drauf, sagt Comiczeichner Rainer Benz. «Er kann nichts dafür, ich aber auch nicht.» Er mache öfters Zeichnungen für Abstimmungskämpfe. «Ist doch schön, wenn eine solche Zeichnung etwas für Aufsehen sorgt!»

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