Nackte WahrheitMit der Dating-App «Lulu» über den Ex lästern
Den Ex-Mann, Ex-Lover oder Ex-Flirt bewerten, wie man es mit Hotels oder Restaurants tut: Eine App aus den USA für Frauen macht es möglich.
- von
- cls
«Trägt Socken im Bett», «Ehemann-Material» oder «Von seiner Mutter besessen». So reden Frauen über ihre Dates, Lover oder Ex-Männer. Normalerweise sind solche Äusserungen für die trauten Lästerrunden reserviert. Nicht so bei der Smartphone-Anwendung «Lulu». In der App, die es in den USA gibt, können Frauen ihre Urteile über Vertreter der männlichen Spezies öffentlich fällen. Anonym natürlich.
So dürfen die Nutzerinnen der App Ex-Freunde, ehemalige Flirts und One-Night-Stands beurteilen, in dem sie aus zahlreichen vorgegebenen Aussagen oder Kategorien (Aussehen, erster Kuss, Bett, Humor, Ambitionen) auswählen, via Hashtag urteilen und schliesslich Punkte auf einer Skala von 1 bis 10 vergeben. Zum Beispiel über Benehmen, Bettqualitäten oder Heirats-Potential.
Urteil via Hashtag
Die Bewertungen können sehr schmeichelhaft sein, wie etwa «#AlwaysHappy» oder «#WritesLovesongs», aber auch entlarvend wie «#PornEducated» oder «#PantyDroppers» sowie pragmatisch wie «#AlwaysPays» oder «#ObsessedWithHisCar». Auch Körperzonen werden bewertet. Die Gesamtpunktzahl entscheidet über den Ruf – je höher diese ausfällt, desto besser der Mann. So wie auf Tripadvisor Hotels, auf Airbnb Wohnungen bewertet werden, ratet Lulu Männer.
Allerdings müssen die Männer zustimmen, ob sich die App ihrer Facebook-Daten bedienen und daraus ein Profil erstellt werden darf. Die meisten tun das aber. Nach Auskunft der Firmengründerin Alexandra Chung deaktivieren ungefähr fünf Prozent der Beurteilten ihr Profil, lassen sich aber kurze Zeit später wieder in die Datenbank aufnehmen. Nur wenige entfernen ihr Profil dauerhaft oder lassen sich blacklisten. Manche Männer würden sich sogar darum reissen, in der App zu sein.
Sexistisch oder feministisch?
Fünf Millionen Mal wurde die App in den USA heruntergeladen. Hauptnutzerinnen sind heterosexuelle Frauen zwischen 18 und 25 Jahren. In den USA hagelte es von Anfang an Kritik. Männerverachtend, stereotyp und sexistisch sei diese App, in der es nur um «Fuckability» gehe, heisst es etwa im New Yorker. Ein Brasilianer reichte sogar Klage gegen Lulu respektive deren Gründerin ein, weil er sich unrechtmässig bewertet fand.
Nicht unrechtmässig, sondern «ungeschminkt», dementiert Chung. Manche nennen sie auch «provokant», erklärt Chung. Tatsächlich aber bescheinigt sie der App einen feministischen Hintergrund: Lulu gebe den Frauen in der Welt der Aufreisser die Macht zurück, so die Juristin. Fast alle Dating-Apps seien nämlich von Männern kreiert worden und würden sich auf den sexuellen Aspekt einer potentiellen Partnerin beschränken. Bei Lulu gehe es aber um viel mehr. Um Realität nämlich. Männer würden danach bewertet, wie sie sich im realen Leben Frauen gegenüber verhalten hätten.
Wer online chatte und date, wisse schliesslich nicht, wie die Person im richtigen Leben sei, so ganz ohne Photoshop und Schönfärberei. Lernt eine Nutzerin beispielsweise einen Mann in einer Bar kennen, kann sie mit Lulu parallel auf ihrem Handy checken, ob sie gerade den Mann fürs Leben (#HusbandMaterial) oder für eine Nacht (#GonebyMorning) kennengelernt hat. Da wisse sie laut Chung wenigstens, was auf sie zukomme.