Berner KantonsratMotion soll «Umpolungen» von homosexuellen Menschen verbieten
Vertreter von GLP, AL, SP, Mitte, FDP, SVP und Grünen haben in der Wintersession des Grossen Rates eine Motion eingereicht, mit der sie Konversionstherapien verbieten wollen.
- von
- Simone Quaderer
Darum gehts
Die «Umpolung» von homosexuellen Menschen soll im Kanton Bern verboten werden. Das will eine Motion zum Verbot der Konversionstherapie, die in der Wintersession des Grossen Rates eingereicht wurde. Initiiert haben sie der Verein «Network – Gay Leadership» und die Kantonsrätinnen Anna-Magdalena Linder (Grüne) und Barbara Stucki (GLP).
Konversionstherapien beinhalten schädliche Methoden, die homosexuelle Menschen zu heterosexuellen Menschen machen sollen. Diese werden meistens von selbsternannten Heilern durchgeführt, wie Linder zu 20 Minuten sagt: «Heute ist es so, dass ausgebildete Ärzte und Psychiater, die Konversionstherapien durchführen, bestraft werden können. Es gibt jedoch kein allgemeines Verbot.»
Gesetzeslücke füllen
Geistliche, selbsternannte Heiler oder auch Therapeuten könnten diese Therapien darum durchführen, ohne gebüsst zu werden. «Es ist derzeit eine grosse Grauzone und es geht darum, dies zu beleuchten und klar zu machen, dass es nicht in Ordnung ist», so Linder weiter. Gemäss Medienmitteilung soll die Motion diese Gesetzeslücke füllen.
Konversionstherapien basieren auf der Annahme, dass es sich bei Homosexualität um eine Krankheit handelt und es diese zu heilen gilt. Die WHO hat 1984 Homosexualität von der Liste der Krankheiten gestrichen. Trotzdem werden immer noch Therapien solcher Art durchgeführt.
«Solange es ein Tabuthema ist, können Menschen ihre Machenschaften damit treiben, andere versuchen umzupolen und sie längerfristig schädigen», sagt Linder. Aus fachlicher Sicht führten diese Therapien nicht selten zu schweren psychischen Traumatisierungen mit teilweise lebenslangen Folgen, wie es in der Motion heisst. Ausserdem gelte es, die Findungsphase homosexueller Menschen, die meist im jungen Erwachsenenalter stattfindet, zu schützen. Dieser Meinung sind auch die Mitunterzeichnenden aus GLP, AL, SP, Mitte, FDP, SVP und Grünen.
Andere Kantone bereits weiter
Der Verein «Network – Gay Leadership» und die Mitinitiantinnen sehen beim Kanton Bern Aufholbedarf. Eine gesetzliche Grundlage für den besonderen Schutz der sexuellen Selbstbestimmung homosexueller Menschen soll geschaffen werden. Auch bei der Ausgestaltung will man sich an den anderen Kantonen orientieren. «Ich stelle mir das so vor, dass dies analog zu den anderen Kantonen, die dies bereits angenommen haben, stattfindet», sagt Linder.
Mit der Motion zum Verbot von Konversionstherapien rund drei Monate nach Annahme der Ehe für alle, will Linder aufzeigen, dass es bei diesem Tabuthema noch Handlungsbedarf gibt. «Ich habe die Motion geschrieben und wollte sie konkret nach der Abstimmung zur Ehe für alle einreichen, weil ich dort einen grossen Widerspruch gesehen habe. Es kann nicht sein, dass die ‹Ehe für alle› rechtlich verankert wird, aber gleichzeitig darf man noch Konversionstherapien durchführen, ohne dass sie bestraft werden.»