Fünf Tote bei Protesten: Mursi lässt Panzer vor seinem Palast auffahren

Aktualisiert

Fünf Tote bei ProtestenMursi lässt Panzer vor seinem Palast auffahren

Die schweren Krawalle in Kairo gingen auch in der Nacht unvermindert weiter. Fünf Menschen starben. Jetzt gehen vor dem Präsidentenpalast Panzer in Stellung.

In Ägypten ist die Armee mit Panzern vor dem Präsidentenpalast in Kairo aufgefahren. Bis in die Morgenstunden war es rund um den Palast zu Ausschreitungen gekommen. Fünf Menschen wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums getötet, 350 verletzt.

Nach den Ausschreitungen zwischen Oppositionellen und Anhängern der regierenden Islamisten-Parteien war in Ägypten über einen möglichen Militärputsch spekuliert worden. Präsident Mohammed Mursi steht in der Kritik, seitdem er seine Machtbefugnisse massiv ausgeweitet hat.

Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira am frühen Donnerstagmorgen berichtete, bekämpften sich die verfeindeten Gruppen am Präsidentenpalast bis in den frühen Morgen mit Steinen und Brandsätzen. Der Sender berichtete von Feuern in den Strassen rund um den Amtssitz des islamistischen Staatsoberhauptes.

«Keine Diktatur», riefen die Gegner Mursis. «Mursi verteidigen heisst, den Islam verteidigen», riefen seine Anhänger. Auch in anderen Landesteilen kam es zu gewaltsamen Protesten. In den Städten Ismailia und Suez zündeten Oppositionsanhänger die örtlichen Büros der Muslimbruderschaft an, aus deren Reihen Mursi ursprünglich stammt.

Islamisten drohen mit «heiligem Krieg»

Die Muslimbrüder wollten vor dem Palast mit einer Massenkundgebung ihre Solidarität bekunden, nachdem zehntausende Gegner des Präsidenten dort bereits am Dienstag demonstriert und zu einem kleineren Teil auch übernachtet hatten.

Mehrere radikale Islamisten drohten den Oppositionellen mit einem «heiligen Krieg» (arabisch «Dschihad»), falls diese ihre Sabotagepolitik gegen Staatspräsident Mohammed Mursi fortsetzen sollten.

Aufruf zum Dialog

Ministerpräsident Hischam Kandil rief die Anhänger beider Lager zu Zurückhaltung auf, damit die jüngsten Bemühungen für einen nationalen Dialog eine Chance bekommen könnten.

So hatte Vize-Präsident Mahmud Mekki der Opposition einen Kompromiss im Verfassungsstreit vorgeschlagen. Demnach soll vor dem geplanten Referendum eine Übereinkunft über Änderungen erzielt und diese Punkte schriftlich festgehalten werden.

Alle Beteiligten sollten dieses Dokument bis zur Parlamentswahl im kommenden Jahr respektieren. Die Abgeordneten könnten danach formell über die Änderungsvorschläge abstimmen. Das Referendum über die Verfassung solle aber wie geplant am 15. Dezember stattfinden.

Angst vor islamistischer Dominanz

Kritiker der Verfassung sehen darin eine zu starke islamische Prägung und befürchten einen Versuch der muslimischen Kräfte um Mursi, ihre Macht zu festigen. Wegen des Konflikts war es bereits am Dienstag in Kairo zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des Präsidenten gekommen, der bei der Wahl im Juni als knapper Sieger hervorgegangen war.

Der für seine radikalen Ansichten bekannte Fernsehprediger Abdullah Badr sagte in einer Talkshow des ägyptischen Islam-Senders Al-Hafez, die Christen seien es, die den Protest gegen Präsident Mohammed Mursi anführten. «Und wenn ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird, dann reissen wir ihnen die Augen aus», drohte er.

US-Aussenministerin Hillary Clinton forderte am Rande eines Treffens der NATO-Aussenminister in Brüssel die Machthaber in Kairo auf, das «demokratische Versprechen der ägyptischen Revolution» einzulösen. Die Proteste zeigten, dass es dringend respektvolle und demokratische Gespräche über die neue Verfassung geben müsse.

(Video: SnackTV) (sda/dapd)

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