Lieber Phil GeldMuss ich die Weiterbildung zurückbezahlen?
Anne-Sophie (29) hat eine vom Arbeitgeber finanzierte Weiterbildung absolviert. Nach ihrer Kündigung fordert er die Kosten zurück. Ist das erlaubt?

Eine vom Arbeitgeber bezahlte Weiterbildung geht oft mit einem befristeten Kündigungsverbot einher. (Bild: Keystone)
Lieber Phil Geld
Ich habe vor rund zwei Jahren einen Weiterbildungskurs besucht, die von meinem Chef finanziert wurde. Letzte Woche habe ich meinem Chef die Kündigung auf den Tisch gelegt. Nun kam er diese Woche zu mir und meinte, es wäre an der Zeit, dass ich ihm die Kosten für die Weiterbildung zurückbezahle. Ist das erlaubt?
Liebe Anne-Sophie
Eine abschliessende Beurteilung der Frage ist aufgrund fehlender Informationen etwas schwierig. Grundsätzlich gilt aber Folgendes: Arbeitgeber sind regelmässig daran interessiert, dass sich ihre Arbeitnehmer weiterbilden und das neu erworbene Wissen später in das Unternehmen einbringen. Darum bieten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmenden meist ihre finanzielle Unterstützung an. Ordnet allerdings der Arbeitgeber eine Weiterbildung an, so ist er geradezu verpflichtet, sie zu bezahlen (Art. 327a OR).
Eine durch den Arbeitgeber finanzierte Weiterbildung wird in der Praxis häufig an ein befristetes Kündigungsverbot gekoppelt. Dabei verpflichtet sich der Arbeitnehmende, nach Abschluss der vom Arbeitgeber finanzierten Weiterbildung für eine gewisse Zeit im Unternehmen zu verbleiben. Durch Rückerstattung der Weiterbildungskosten kann das befristete Kündigungsverbot aber dennoch aufgehoben werden. Eine solche Verpflichtung zur Rückzahlung ist allerdings nur zulässig, wenn die entsprechende Weiterbildung dem Arbeitnehmenden einen dauerhaften Vorteil auf dem Arbeitsmarkt bietet. Handelt es sich um eine betriebsspezifisch bedingte Weiterbildung, ist eine Kostenüberwälzung auf den Arbeitnehmer nicht zulässig.
Ein Rückzahlungsvorbehalt ist – so weit möglich – betragsmässig zu beziffern. Die Höhe des Rückzahlungsbetrages sollte dabei in sachgerechter Relation zum Nutzen der Ausbildung für den Arbeitgeber sowie für den Arbeitnehmer ausgestaltet sein.
Damit das Kündigungsrecht des Arbeitnehmenden nicht übermässig eingeschränkt wird, ist die Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich auf drei Jahre zu begrenzen. Man geht davon aus, dass der Nutzen, den der Arbeitgeber aus der Weiterbildung seines Arbeitnehmenden zieht, die Weiterbildungskosten nach zwei bis drei Jahren wettgemacht hat.
Von Bedeutung wäre also, was konkret zwischen dir und deinem Arbeitgeber (bestenfalls vertraglich) vereinbart wurde und ob es sich um eine betriebsspezifische Weiterbildung handelte oder nicht. Vertraglich kann vieles vereinbart werden und muss es auch, möchte dein Arbeitgeber die Rückzahlung tatsächlich durchsetzen.
Freundlich grüsst
Phil Geld
E-Mail: phil.geld@20minuten.ch (20 Minuten)
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