Prozess in München: Muss Uli Hoeness jetzt ins Gefängnis?

Aktualisiert

Prozess in MünchenMuss Uli Hoeness jetzt ins Gefängnis?

Das Landgericht München hat Uli Hoeness zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Wie geht es nun mit dem FC-Bayern-Präsidenten weiter? 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen.

Yves Hollenstein
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Yves Hollenstein

Muss Uli Hoeness jetzt ins Gefängnis?

Nein, noch nicht. Denn das Urteil ist noch nicht automatisch rechtskräftig. Wie bereits bekannt wurde, geht Hoeness in Revision. Das teilte sein Anwalt kurz nach der Urteilsverkündung mit. Als nächste Instanz muss nun der Bundesgerichtshof in Karlsruhe über das Urteil befinden. Sollten die Karlsruher Richter feststellen, dass es in der Urteilsfindung zu formaljuristischen Fehlern gekommen ist, käme es zu einem neuen Prozess. Die Entscheidung des Bundesgerichts könnte sich mehrere Monate bis Jahre hinziehen. Bis dahin ist Hoeness auf freiem Fuss.

Tritt er nun als FC-Bayern-Präsident zurück?

Knapp zwei Drittel der Deutschen fordern den sofortigen Rücktritt von Hoeness als Präsident des deutschen Fussball-Rekordmeisters. Das ergab eine repräsentative Online-Umfrage des deutschen Meinungsforschungsinstituts YouGov. Auch zahlreiche Politiker forderten in den letzten Tagen vehement den sofortigen Rücktritt von Hoeness. Noch geniesst der Bayern-Präsident aber einen grossen Rückhalt in den eigenen Reihen.

Warum kam von der Bayern-Führungsriege bisher wenig Widerstand?

Das Schicksal von Uli Hoeness bestimmt auch die Zukunft des FC Bayern München mit. Die FC-Verantwortlichen wollten sich deshalb während des Prozesses auch nicht äussern. Nach dem Urteilsspruch ist aber eine Stellungnahme vom Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rumenigge angekündigt. Der Bayern-Aufsichtsrat hatte seinem Vorsitzenden Anfang November 2013 noch das volle Vertrauen ausgesprochen, obwohl damals bereits bekannt war, dass Hoeness Steuern hinterzogen hat. Im Aufsichtsrat sitzen unter anderem die Konzernchefs von Adidas, Telekom, VW und Audi. Als Sponsoren haben sie lukrative Geschäftsbeziehung mit dem Fussballklub und somit auch mit Hoeness selber.

Wie sehr schmerzt Hoeness das Urteil finanziell?

Nach seiner Selbstanzeige hat Hoeness bereits zehn Millionen Euro an den Fiskus gezahlt. Neben dem Betrag der hinterzogenen Steuern muss Hoeness auch die Säumniszinsen berappen. Und: Jedes Jahr, in dem Steuern hinterzogen wurden, gilt als einzelne Tat. Es dürften so insgesamt um die 30 Millionen Euro anfallen. Sein zu versteuerndes Jahreseinkommen ermittelten die Steuerfahnder im Jahr 2008 mit 10,8 Millionen Euro. Die Höhe seines Gesamtvermögens ist jedoch nicht bekannt.

Gab es in der Vergangenheit ähnliche Fälle?

Ja, der wohl spektakulärste Fall von Steuerhinterziehung in den vergangenen Jahren war der des ehemaligen Post-Chefs Klaus Zumwinkel. Er hatte fast eine Million Euro am Fiskus vorbei an eine Stiftung in Liechtenstein transferiert. Zumwinkel wurde 2009 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt – ins Gefängnis musste er jedoch nie, weil er mit den Behörden kooperierte.

Was wurde aus anderen deutschen Steuersündern?

Erst kürzlich bekannt wurde der Fall der Feministin Alice Schwarzer, die erhebliche Summen auf einem Schweizer Konto versteckt hielt. Weil sie rechtzeitig Selbstanzeige erstattete, muss sie keine Strafverfolgung fürchten. Und Wimbledon-Sieger Boris Becker wurde 2002 zu einer halben Million Euro Strafe und zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er hatte das Steuerparadies Monaco als Wohnsitz angegeben, wohnte jedoch die meiste Zeit über in München. Auch er musste jedoch nie hinter Gitter.

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