Grün-Anlagen: «Nach dem Bio-Essen folgt jetzt das Bio-Investment»

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Grün-Anlagen«Nach dem Bio-Essen folgt jetzt das Bio-Investment»

Sie war Chefin der Schweizer Börse und liest nun Anlegern die Leviten: Wer Geld habe, trage auch Verantwortung, sagt Antoinette Hunziker-Ebneter im 20 Minuten-Interview.

Isabel Strassheim
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Isabel Strassheim
Schaut im Supermarkt wie auch an der Börse nach nachhaltigen Produkten: Antoinette Hunziker-Ebneter.

Schaut im Supermarkt wie auch an der Börse nach nachhaltigen Produkten: Antoinette Hunziker-Ebneter.

Antoinette Hunziker-Ebneter, als ehemalige Chefin der Schweizer Börse liegt Ihnen die Jagd nach Rendite quasi im Blut. Heute sind Sie eine prominente Verfechterin nachhaltiger Anlagen, ist das kein Gegensatz?

Hunziker-Ebneter: Wenn eine Firma 5000 Arbeitsplätze abbaut, dann steigt automatisch ihr Aktienkurs. Das ist aber nur kurzfristig gedacht. Langfristig ist ein Unternehmen nur erfolgreich, wenn es in neue Produkte und Arbeitsplätze investiert. Rendite und sinnvolle Geldanlagen schliessen sich überhaupt nicht aus.

Das sagen Sie jetzt, weil das Ihr neues Geschäftsmodell als Vermögensverwalterin ist.

Nein, ich bin auch dafür, dass die Börse Nachhaltigkeitskriterien in ihr Zulassungsreglement aufnimmt.

Das müsste auch Pensionskassen interessieren, die ihr Geld langfristig anlegen.

Die Schweizer Pensionskassen (PK) investieren ein Vermögen von über 700 Milliarden Franken. Mehr als die Hälfte der Ersparnisse der Schweizer fliesst Jahr für Jahr in die Pensionskassen. Sie haben eine grosse Macht. Und wir sollten wissen, ob sie das Geld in unserem Sinn anlegen. Denn es geht nicht nur um unsere Altersvorsorge, sondern dieses Geld gestaltet auch unsere Zukunft mit, je nachdem wie es eingesetzt wird.

Wie meinen Sie das?

Das ist wie beim Einkaufen: Ich hätte vor 20 Jahren auch nicht gedacht, dass ich heute im Supermarkt schaue, woher das Gemüse, die Früchte kommen und wie sie angebaut wurden. Jetzt aber gehört das für viele einfach dazu. Und wie beim Einkaufen passiert das nun auch beim Geldanlegen. Da achten wir nun auch auf Bio und Fairtrade. Nach dem Bio-Essen kommt jetzt das Bio-Investment. Der Anteil der nachhaltigen Anlagen ist in den letzten zehn Jahren von 3 auf 10 Prozent gestiegen.

Sie meinen, wie inzwischen die Konsumenten können und sollen auch Anleger die Wirtschaft steuern?

Die PKs haben mehr Macht über die Unternehmen als sie glauben. Sie könnten nicht nur nach der Aktienrendite schauen, sondern eben zugleich auch nach der Nachhaltigkeit. Aber dazu bräuchte es mehr Wissen, es ist aufwendiger als einfach in einen Börsenindex oder in eine bestimmte Branche zu investieren. Man muss den Mut haben dazuzulernen.

Wie könnte das konkret gehen?

Es gibt keine zehn Gebote für PKs. Aber neun Fragen, die Arbeitnehmer in puncto Nachhaltigkeit an ihre PK stellen sollten: Zuallererst, ob das Geld nach ökologischen und sozialen Kriterien angelegt wird. Und wie sie die genau definieren. Und wie die PKs die Nachhaltigkeitskriterien bei den Aktienunternehmen überprüfen, nämlich woher sie ihre Informationen über die Unternehmen beziehen. Es genügt nicht, die Hochglanz-Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen zu lesen.

Sondern?

Wenn eine Firma sich in sozialen Projekten engagiert, kann das auch nur Greenwashing sein. Ihr Geschäftsmodell selbst muss zur Lebensqualität von Mensch und Umwelt beitragen. Man muss den Unternehmen entsprechende Fragen stellen. Und ihr Geschäftsmodell prüfen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie darauf auch reagieren.

Wegen der Minder-Initiative müssen die Pensionskassen ab nächstem Jahr auf den Aktionärsversammlungen abstimmen. Verändert das etwas?

Das ist zwar mehr Arbeit für die PKs. Aber wer Geld hat, hat schliesslich auch Verantwortung. Dadurch könnte sich auch entschieden etwas an ihrem Anlegerverhalten ändern. Das Positive ist, dass die jetzigen Vertreter von Entschädigungskomitees, die zu zu hohen Vergütungen einfach nur genickt haben, nun jährlich abgewählt werden können.

Ihre Karriere startete als Händlerin von Devisenoptionen bei der Citibank. Bekannt wurde sie 1997 als Chefin der Schweizer Börse, wo sie nicht nur den elektronischen Handel einführte, sondern mit auch die erste paneuropäische Börse auf den Plan rief. Nach der Börse wechselte sie in die Geschäftsleitung der , wo sie das Handelsgeschäft unter sicht hat. Die heute 54-Jährige ging 2006 dann jedoch komplett andere Wege. Sie gründete mit in Zürich ihre eigene Vermögensverwaltungs-Firma. Und zwar eine, die dezidiert auf nachhaltige Anlagen ausgerichtet ist und eigene Kritierien an die Firmen, in die investiert wird, stellt. Hunziker-Ebneter sass im Verwaltungsrat der BKW und wird nächstes Frühjahr Präsidentin der Berner Kantonalbank. (ish)

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