3 mit Drama: «Nach dem Sex hatte er einen Hexenschuss»

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3 mit Drama«Nach dem Sex hatte er einen Hexenschuss»

Beim romantischen Besuch des Weihnachtsmarkts in Colmar erinnert sich Ella daran, dass sie schon mal da war – und dort eine der bittersten Sexerfahrungen ihres Lebens hatte.

von
Ella
Deborah Gonzalez
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Ella trifft sich mit einem Mann, der ohne Anzug einer Vogelscheuche gleicht. Der Sex ist aber erstaunlich gut, nur was danach passiert, ist eher gewöhnungsbedürftig …

Ella trifft sich mit einem Mann, der ohne Anzug einer Vogelscheuche gleicht. Der Sex ist aber erstaunlich gut, nur was danach passiert, ist eher gewöhnungsbedürftig …

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Darum gehts

Seit das mit Marco und mir einigermassen fix ist, mache ich so cringe Boomerpärli-Thingies, wie zu zweit an den Weihnachtsmarkt nach Colmar fahren und romantische Selfies machen. Zwischen Austern, Kinderchören und Glühwein kamen mir verdrängte Erinnerungen hoch. Denn in Colmar war ich schon mal. Mit Pascal.

«Spröder Charme» – das ist das Positivste, was ich sagen konnte, nachdem ich Pascal zum ersten Mal getroffen hatte. Ich hatte ihn über Tinder kennengelernt und in einem Anflug von «stimmt, ich bin ja sapiosexuell!» einem Date zugestimmt. Pascal war wahrlich keine Augenweide. Wesentlich älter als ich. Aber smart, das war er. Belesen. Weltgewandt. Super-sarkastisch. Einen guten Job in einer internationalen Firma, mittleren Kaders, die Trittleiter zur nächsten Gehaltsstufe in Reichweite. 

«Auf Nimmerwiedersehen»

Er wolle nicht fleischgewordenes Portemonnaie für eine Frau sein, stellte Pascal gleich zu Beginn klar. Präzis teilte er die Rechnung für sein alkoholfreies Bier und meine Stange durch zwei. Am Bahnhof beendeten wir unser Date. Er eilte in seinem Anzug auf sein Gleis, ich auf meines. «Auf Nimmerwiedersehen», dachte ich. Doch ich sollte mich täuschen.

Die kommenden Wochen schrieb er immer wieder, schickte mir Links zu Zeitungsartikeln über das politische Geschehen. Wir hatten zu ausnahmslos jedem Thema unterschiedliche Ansichten. Unser Flirt, ein Fechtkampf, Nettigkeiten selten. Dann lud er mich in seine Eigentumswohnung ein, zeigte mir Bilder seiner Terrasse und seiner Vorratskammer voller selbst eingemachter Tomatensosse. Das fand ich rührend. 

Die Vogelscheuche

Nachdem ich mich mit einem muskelbepackten Volltätowierten und einem flachgeistigen Schönling NICHT ins Liebesglück gev*** hatte, warf ich schliesslich alle Vorsätze über Bord und stimmte einem zweiten Treffen zu. Pascal buchte ein Hotel in Colmar. Zwei Nächte, fast drei Tage. «Du spinnst», sagten meine Freunde. «Du kennst ihn nicht mal.» Lars und Bruce liess ich die Hoteladresse und Pascals Handynummer zukommen. Für alle Fälle.

Ich hatte meine schönsten Kleider eingepackt. Ein Prada-Kleid für den Abend, Louboutins dazu. Schmuck. Parfüm. Wir trafen uns im Zug – und mir blieb fast die Luft weg. Ohne Anzug war Pascal eine Vogelscheuche. So dünn, dass er die Jeans an seiner Taille festzurren musste, bis sie am Bund Falten warf. Sein Shirt war straff in die Hose gesteckt, wahrscheinlich festgetackert. Die Strickjacke musste aus dem Nachlass des Grossvaters stammen. 

«Ich nahm mir vor, viel und teuer zu trinken»

Draussen strömte der Regen, drinnen weinte ich unsichtbare Tränen. Ich wusste, dass ich aus meteorologischen Gründen ganz viel Zeit mit der Vogelscheuche im Bett verbringen würde. Tapfer begrüsste ich ihn.

Das Hotel war solide Mittelklasse, schmucklos. Kaum angekommen, zog Pascal ein Portemonnaie mit dem Logo einer lokalen Kantonalbank aus dem Koffer. «Ich schlage vor, wir geben beide 100 Euro in dieses Portemonnaie. Daraus lade ich dich dann immer ein», meinte er grinsend. Ich traute meinen Ohren kaum. Dennoch überreichte ich ihm die Noten. Und nahm mir vor, viel und teuer zu trinken, um das Wochenende durchzustehen. 

Der Sex war wider Erwarten gut. Pascal war so jenseits, so dominant, dass ich mich, ohne mich zu bemühen, die ganze Zeit in einem absurden Rollenspiel befand. Das fand ich irgendwie geil. Doch nach dem Sex zog er ein Softshell-Shirt mit hochgeschlossenem Kragen über seine schmächtige Brust – sonst werde er krank. Danach schlief er weg. So ging das zwei Tage. Ich war froh, kannte mich in Colmar niemand.

Er lag gekrümmt auf dem Bett

Den letzten Tag begannen wir mit – what else? – Sex. Danach checkte Pascal die Uhr. «Du hast zwölf Minuten zum Duschen und hübsch machen», sagte er. «Dann ist fertig mit Hotelfrühstück.» Irgendwo schön zu brunchen und dafür ein paar Euro extra auszugeben, kam für ihn nicht infrage. Ich protestierte. Sollte er alleine stressen. Er ging also ins Bad, kam zurück. Danach stellte ich mich unter die heisse Dusche und wusch diese seltsame Begegnung ab. Mit einem Ohr lauschte ich auf die zufallende Tür. Nichts. Pascal wollte doch ans Buffet? 

Als ich aus dem Bad trat, lag Pascal seitlich gekrümmt auf dem Bett. Sein langer, schmaler Arm mit einer Socke in der Hand streckte sich vergeblich nach seinem Fuss. Bis auf eine Socke war er nackt. Ich schaute ihn fragend an. «Zieh mir die Socke an», sagte er, im selben herrischen Tonfall, in dem er mich kurz vorher noch aufgefordert hatte, ihn zu verwöhnen. Ich tippte mir an die Stirn. Er verzog seinen Mund. Irgendwann liess er durchblicken, dass er wohl einen Hexenschuss habe. Er könne sich nicht mehr bewegen.

Nie. Wieder.

Mütterlich, aber angepisst, kleidete ich Pascal an und schleppte meinen alten Lover und unsere beiden Koffer durch den strömenden Regen zum Bahnhof. Besorgte ihm Schmerzmittel. Stützte ihn beim Einsteigen in den Zug. Auf der Rückreise kaum ein Wort. Zu Hause erreichte mich seine Nachricht. Ein Selfie im Softshell-Shirt. «Ich habe es in mein Bett geschafft. Danke für deine Hilfe.» Wir haben uns nie mehr gesehen.

Ohlala! Hast du Lust auf mehr Abenteuer von Ella, Bruce und Lars? 

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3 mit Drama

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