Online-Tool Snow Control: Nach den Festtagen wollen viele Kokser aufhören

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Online-Tool Snow ControlNach den Festtagen wollen viele Kokser aufhören

Ein Schweizer Online-Tool hilft Kokainkonsumenten, weniger zur Droge zu greifen. Anfang Jahr wollen besonders viele diesen Vorsatz umsetzen.

von
lüs

Das Online-Angebot Snow Control hilft Konsumenten, ihren Kokainkonsum zu reduzieren. Die Zahl der Neuanmeldungen für das Tool steigt jeweils Anfang des Jahres deutlich an. Michael Schaub vom Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung in Zürich, das Snow Control entwickelt hat: «Es ist ähnlich wie beim Rauchen – viele Kokainkonsumenten nehmen sich fürs neue Jahr den Vorsatz, endlich aufzuhören.» Manche würden darin auch durch Ereignisse während der Festtage bestärkt: «Sie erkennen an den Feiern rund um Weihnachten, dass ihr Drogenkonsum nicht familienverträglich ist – da kann man ja nicht ständig auf die Toilette verschwinden.»

Rund 400 Personen haben das Online-Tool in den letzten fünf Jahren genutzt, die meisten davon mit Erfolg: Ihnen gelang es, die Konsumziele zu erreichen, die sie sich mit Hilfe des Tools setzen können. Bevor sie Snow Control nutzten, hatten die im Schnitt 34 Jahre alten Teilnehmer an zwei bis drei Tagen der Woche Kokain konsumiert, im Schnitt ein halbes bis ein ganzes Gramm pro Konsumtag – und dies durchschnittlich seit sieben Jahren. «Es gab aber auch solche mit einem Konsum von 10 Gramm oder mehr in der Woche», so Schaub. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmer sind männlich. Schaub: «Das widerspiegelt die Realität – Männer konsumieren öfter Kokain als Frauen.»

Private und berufliche Probleme

Von den bisherigen Teilnehmern weiss der Experte auch, was die Gründe sind, die die Betroffenen bewegen, etwas an ihrem Verhalten ändern zu wollen. Ein Teil kämpft mit Problemen im Job: Der Kater nach durchgefeierten Nächten hindert sie daran, ihren beruflichen Pflichten nachzukommen. Bei anderen sind die Gründe privat. Schaub: «Oft führt der Kokainkonsum zu Problemen in der Partnerschaft.»

Und viele jüngere Hilfesuchende können sich den Konsum schlicht finanziell nicht leisten: «Sie merken, dass sie Schulden anhäufen, wenn sie jedes Wochenende mehrere hundert Franken für Kokain ausgeben – wer etwa von einem Lehrlingslohn lebt oder noch studiert, bekommt rasch Geldprobleme.» Bei den älteren Konsumenten spielen zunehmend auch gesundheitliche Gründe eine Rolle. Schaub: «Der chronische Konsum geht am Körper nicht spurlos vorbei, irgendwann kann es beispielsweise zu Herzproblemen kommen, und das Risiko für einen Infarkt steigt.» Ein Teil der Betroffenen sieht sich durch die Behörden dazu gezwungen, den Kokainkonsum zu beenden: «Wer im Strassenverkehr positiv auf Drogen getestet wurde, muss aufpassen, dass er nicht zum ‹Wiederholungstäter› wird und den Führerschein für lange Zeit los ist.»

Rückfallgefahr ist gross

Obwohl Snow Control hilft, sind viele damit nicht endgültig von der Sucht befreit. Schaub: «Es kommt häufig vor, dass jemand es eine Zeitlang oder gar während Jahren schafft, den Kokainkonsum stark zu reduzieren oder ganz aufzugeben – doch sobald er in eine schwierige Lebensphase gerät, ist das Drogenproblem rasch zurück.»

Das Online-Tool erreicht eine andere Personenschicht als klassische Angebote, wie die Daten der Teilnehmer zeigen. Schaub: «Viele verfügen über eine gute Ausbildung und sind wahrscheinlich eher gezwungen, ihr Problem geheim zu halten.» Deshalb sei ein Internet-Angebot, das ihnen Anonymität garantiert, für sie besonders geeignet. Snow Control wurde kürzlich im Rahmen einer Studie überarbeitet – und verfügt neu über eine Chat-Funktion, mit der sich die Nutzer beraten lassen können.

Global Drug Survey 2016

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