Seltene Allergie: «Nach Zeckenstich kann ich kein Fleisch mehr essen»

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Seltene Allergie«Nach Zeckenstich kann ich kein Fleisch mehr essen»

Eine 36-jährige Tessinerin leidet an einer Fleischallergie. Diese wird von Zecken übertragen.

Davide Milo
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Davide Milo
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Zecken sind kleine Spinnentiere, die verschiedene Krankheiten übertragen können – darunter Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).

Zecken sind kleine Spinnentiere, die verschiedene Krankheiten übertragen können – darunter Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).

Keystone
Über den Speichel des Tieres kann auch Alpha-Gal in die menschliche Blutbahn gelangen und so eine Allergie gegen rotes Fleisch auslösen.

Über den Speichel des Tieres kann auch Alpha-Gal in die menschliche Blutbahn gelangen und so eine Allergie gegen rotes Fleisch auslösen.

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Darum gehts

  • Eine 36-jährige Tessinerin leidet nach einem Zeckenstich an einer Fleischallergie.
  • In Europa ist die Erkrankung sehr selten.
  • Dieses Jahr gibt es besonders viele Arztbesuche wegen Zeckenstichen.

Zu Ostern wollte eine 36-jährige Tessinerin nach einem gemütlichen Barbecue mit Freunden eine Torte mit Bärlauch essen. Sie hatte danach stundenlang schwere Krämpfe und dachte zuerst, dass es am Knoblauch gelegen habe. Doch die Krämpfe wiederholten sich später. Sie versuchte herauszufinden, welche Lebensmittel sie nicht verträgt, fand aber nichts. Auch Bluttests zeigten keine Resultate.

Woran es liegt, merkte die 36-Jährige erst Ende Mai, nachdem sie bei ihren Eltern ein Steak gegessen und wieder Schmerzen bekommen hatte. Bei ihrer Recherche im Internet stiess sie auf die Alpha-Gal-Allergie – eine Allergie gegen rotes Fleisch. Diese wird von Zecken übertragen (siehe Box). Sie erinnerte sich dann auch an eine Zecke, die sie auf einer Wanderung im April aufgelesen hatte.

Vorerst auf Fleisch verzichten

Abklärungen ergaben, dass ihre Vermutung stimmt. «Ich habe eine in Europa sehr seltene Krankheit», sagt sie. Eine Garantie für eine Heilung gebe es nicht. Mit ihrem Arzt habe sie beschlossen, vorläufig auf rotes Fleisch zu verzichten und in einem Jahr weiterzuschauen. Im Internet habe sie von Betroffenen gelesen, die sich auch nach acht Jahren noch nicht erholt hätten. «Ich hoffe, dass ich nicht für den Rest meines Lebens auf ein gutes Steak oder eine schöne Scheibe Salami verzichten muss.»

Viele Arztbesuche wegen Zeckenstichen

Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind in diesem Jahr bereits über 215 Fälle von Zeckenenzephalitis gemeldet worden – mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Jahr 2019 waren es bis Ende Juni 97 Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gewesen. Das Jahr mit den meisten FSME-Erkrankungen bis Ende Juni war seit 2000 bisher 2018.

Gemäss dem Sentinella-Meldesystem des BAG wurden bis Ende Juni hochgerechnet 19'600 Arztbesuche wegen Zeckenstichen registriert. Dieser Bericht zeige, dass auch im laufenden Jahr sehr viele Zeckenstiche und zeckenübertragene Krankheiten vorkämen, heisst es im Bulletin. Grund für den Anstieg seien der warme Frühling und der vermehrte Aufenthalt im Freien während des Corona-Lockdowns.

Fleischallergie

Der Stich einer Zecke kann im menschlichen Körper zu einer besonderen Reaktion führen. Über den Speichel des Tieres gelangt Alpha-Gal – im Fachjargon Galaktose-alpha-1,3-Galakotse – in die menschliche Blutbahn. Das Immunsystem bildet daraufhin Antikörper gegen das Kohlenhydrat, um dieses zu neutralisieren. Isst die betroffene Person nun Fleisch und in diesem ist Alpha-Gal ebenfalls enthalten, löst dies typische allergische Symptome aus: von Hautausschlägen über Bauchschmerzen bis hin zu schweren lebensbedrohlichen Reaktionen. Stiche von Zecken, etwa dem Gemeinen Holzbock, der in Europa heimisch ist, können eine Fleischallergie auslösen. (Allergiezentrum Schweiz)

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