Natascha schon vor Priklopil missbraucht?

Aktualisiert

Natascha schon vor Priklopil missbraucht?

Ende November erscheint die erste - unautorisierte - Kampusch-Biografie: Ein Polizei-Ermittler glaubt, dass Natascha schon vor ihrem achtjährigen Martyrium zum Sex gezwungen wurde.

In der unautorisierten Biografie erzählen die Journalisten Michael Leidig und Allan Hill das Leben der damals Zehnjährigen. Die Biografie, die in ersten Auszügen in der britischen «Times» erschien, ist seitens der Familie Kampusch höchst umstritten. Kein Wunder, denn der Inhalt ist äusserst brisant.

Im Buch berichten die Journalisten, wie die Scheidungsprobleme der Eltern die zehnjährige Natascha seelisch stark belastet haben sollen. Sie stützen sich dabei auf Aussagen der Nachbarn der Kampuschs.

Natascha-Nacktfotos schon vor der Entführung

Grosse Rätsel gibt eine andere Enthüllung auf: Kurz bevor Natascha verschwand, soll die Polizei bereits vier Farbfotos von Natascha Kampusch bekommen haben. Auf einem Bild sei sie fast nackt, lediglich mit Stiefeln, Reitgerte und einem kurzen Top bekleidet, das ihr nur bis zum Bauchnabel reicht. Auf einem anderen liege sie ebenfalls nackt in einer falschen Pelzstola eingewickelt auf einem Bett.

Polizist glaubt, dass Natascha schon «vor Priklopil» missbraucht wurde

Max Edelbacher, ehemaliger Leiter der Polizeigruppe, die sich um den Fall kümmerte, hält nach Angaben der Autoren bereits die zehnjährige Natascha Kampusch für ein missbrauchtes Kind. Er bemängelt zudem die Fahndungsmethoden: «Die Männer im Umfeld der Mutter, besonders solche, die Kontakt zu Natascha gehabt haben, hätten sorgfältiger untersucht werden müssen.»

Laut dem Buch soll Natascha vor ihrem Verschwinden sehr unglücklich gewesen sein. Sie habe unter Angstzuständen gelitten und ein niedriges Selbstwertgefühl gehabt. Ausserdem sei sie noch im Alter von zehn Jahren eine Bettnässerin gewesen.

Mutter Kampusch gute Bekannte des Entführers

Polizei-Ermittler Max Edelbacher beschreibt die Mutter als umtriebig. Sie habe auch viele Männerbekanntschaften unterhalten.

Brisant sind auch die Verbindungen zwischen Kampuschs Mutter und dem Entführer Wolfgang Priklopil, von denen im Buch die Rede ist. So zitieren die Autoren unter anderem Anneliese Glaser, eine ehemalige Nachbarin und Ladenbesitzerin: Bei einem Zusammentreffen von Priklopil mit Nataschas Mutter in ihrem Laden sei ihr klar geworden, dass sich die beiden gekannt haben müssen. «Sie sprach immer von Natascha als Problemkind. Natascha sprach nie schlecht von ihrer Mutter, obwohl wir wussten, dass sie es nicht leicht mit ihr hatte», wird Glaser zitiert. Ein Problemkind sei Natascha nie gewesen.

Die Journalisten sehen viele Gründe dafür, warum sich Natascha Kampusch mit ihrem Entführer am Ende solidarisiert haben soll. Dem Martyrium des Elternhauses zu entkommen, müsse ihr wie eine Befreiung vorgekommen sein, resümieren sie.

Kampusch-Anwalt Gerald Ganzger kritisierte das Buch nach dem Vorabdruck als ein «Sammelsurium von Zeitungsartikeln und Pressemeldungen». Ein Buch, das sich nur mit dem Kriminalfall beschäftige, sei grundsätzlich zwar nicht zu verbieten. Allerdings seien die ersten Ankündigungen des Verlags «zu 100 Prozent bedenklich», sagte Ganzger.

Kampusch Anwälte kämpfen gegen Veröffentlichung

Unautorisierte Berichte über Kampuschs «Beziehung» zu ihrem Entführer seien, genau wie die Bedingungen der Gefangenschaft, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Kampuschs Anwälte kündigten rechtliche Schritte an.

Deine Meinung