Krankenkassen: Nationalrat befürwortet Prämien-Korrektur

Aktualisiert

KrankenkassenNationalrat befürwortet Prämien-Korrektur

Der Ständerat hat bereits Ja gesagt, nun stimmt auch der Nationalrat mit 173 zu 3 Stimmen der Vorlage zu. Umfang und Mechanismus einer Prämien-Korrektur sind seit Jahren ein Thema.

Für das Problem der in manchen Kantonen zu viel und in anderen zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien ist eine Lösung in Sicht. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Vorlage für eine nachträgliche Korrektur zugestimmt.

Die grosse Kammer hiess den Mechanismus am Mittwoch mit 173 zu 3 Stimmen gut. Noch uneinig sind sich die Räte, ob gleichzeitig die Aufsicht über die Krankenkassen verstärkt werden soll, um ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden.

In der Vergangenheit verlangten die Krankenkassen in manchen Kantonen zu hohe Prämien. In anderen Kantonen waren die Prämien gemessen an den Kosten dagegen zu niedrig. Über Umfang und Mechanismus einer Korrektur wird seit Jahren diskutiert.

Nun haben sich National- und Ständerat im Grundsatz geeinigt. Vorgesehen ist, dass 800 Millionen Franken umverteilt werden – ungefähr die Hälfte der falsch berechneten Prämiensumme. An der Finanzierung sollen sich die Versicherten, die Versicherer und der Bund zu je einem Drittel beteiligen, also mit je 266 Millionen Franken.

Zukunftslösung abkoppeln

Um das Problem in Zukunft zu vermeiden, strebt der Bundesrat eine strengere Aufsicht an. Der Bund soll zu hohe und zu niedrige Prämien ablehnen können. So ist es im neuen Aufsichtsgesetz vorgesehen. Der Ständerat hat den Ausgleich für die Vergangenheit formal an dieses Gesetz geknüpft: Die Prämien sollen für den Zeitraum zwischen 1996 und dem Inkrafttreten des Aufsichtsgesetzes ausgeglichen werden.

Der Nationalrat aber möchte dieses Gesetz an den Bundesrat zurückweisen, wie er im Dezember beschlossen hatte. Folgerichtig möchte er nun auch die Verbindung zur Korrektur der Vergangenheit aufheben. Nach seinem Willen sollen die Prämien zwischen 1996 und 2013 ausgeglichen werden.

Bund muss eingreifen können

Der Nationalrat folgte seiner Kommission und sprach sich mit 118 zu 56 Stimmen bei einer Enthaltung für die Abkoppelung von der Zukunftslösung aus. Eine linke Minderheit plädierte vergeblich für die Ständeratsversion. «Wir müssen vermeiden, dass wir je wieder in eine solche Situation kommen», sagte Silvia Schenker (SP/BS). Es sei nicht sinnvoll, Fehler zu korrigieren, ohne dafür zu sorgen, dass sich diese nicht wiederholten, befand Yvonne Gilli (Grüne/SG).

Die Bestrebungen, das Aufsichtsgesetz an den Bundesrat zurückzuweisen, führt die Linke auf das Lobbying der Krankenkassen zurück. Gebe das Parlament diesem nach, werde es in ein paar Jahren wieder vor demselben Problem stehen, sagte Jacqueline Fehr (SP/ZH). Ruth Humbel (CVP/AG) dagegen argumentierte, es bestehe kein innerer Zusammenhang zwischen dem Aufsichtsgesetz und der Vorlage zur Korrektur der Vergangenheit. Nun ist wieder der Ständerat am Zug.

Mehrere hundert Franken zu viel bezahlt

Der Ausgleich soll 2015 beginnen und innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein. Die Versicherten berappen den Ausgleich über die Rückerstattung der CO2-Abgabe. Die Prämienzahler in den Kantonen mit zu tiefen Prämien müssen für eine bestimmte Zeit auf die Vergütung aus der CO2-Abgabe verzichten. Wer in einem Kanton wohnt, in dem die Prämien zu hoch waren, erhält einen Prämienabschlag.

Am stärksten betroffen waren in den Jahren 1996 bis 2011 die Versicherten in den Kantonen Waadt und Genf. Sie bezahlten pro Kopf insgesamt 955 respektive 883 Franken zu viel. Es folgen die Kantone Tessin (429 Franken), Zürich (363 Franken) und Thurgau (318 Franken).

Keine Gerechtigkeit im Einzelfall

Am meisten profitiert haben die Versicherten in den Kantonen Jura, Bern, Uri und Glarus. Sie bezahlten pro Kopf zwischen 817 und 879 Franken zu wenig. Der Ausgleich von 800 Millionen Franken stellt einen Kompromiss dar, den die kantonalen Gesundheitsdirektoren eingebracht hatten.

Zwischenzeitlich stand auch zur Diskussion, auf eine Korrektur zu verzichten. Dies nicht zuletzt deshalb, weil kein Mechanismus eine gerechte Lösung für den Einzelfall garantieren kann: Wer in den letzten Jahren den Wohnort gewechselt hat, könnte zweimal bezahlen müssen.

Vorwürfe an die Krankenkassen

Über die Ursache des Problems und dessen Bedeutung herrschte im Nationalrat keine Einigkeit. Während die einen nahelegten, die Krankenkassen hätten bewusst falsch kalkuliert, um in manchen Kantonen die Versicherten mit niedrigen Prämien anzulocken, relativierten andere das Problem.

Der Bevölkerung werde vorgegaukelt, es gehe um namhafte Beträge, sagte Ruth Humbe: «Das stimmt so natürlich nicht.» Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) machte seinerseits die Verwaltung dafür verantwortlich, dass die falsch berechneten Prämien bewilligt wurden.

Gesundheitsminister Alain Berset wies den Vorwurf zurück. Die Verwaltung habe eingreifen wollen, sei aber vom Bundesgericht zurückgepfiffen worden, weil die gesetzliche Grundlage gefehlt habe. Deshalb brauche es das Aufsichtsgesetz. (sda)

Deine Meinung