Hass-SongNeonazi hetzt in neuem Album weiter gegen Juden
Kevin G. wurde verurteilt, weil er einen Juden angespuckt und beleidigt hatte. Auf dem neuen Album seiner Band Amok geht er erneut auf Juden los.
- von
- D. Krähenbühl
Ein flüchtendes Nilpferd mit Schläfenlocken und schwarzem Hut wird von einem roten Bus verfolgt. Darin sitzen grinsend die Mitglieder der rechtsextremen Band Amok. Daneben prangt die Zeitungsschlagzeile «Zürcher Neonazi bespuckte einen Juden – nun wird er verurteilt». Das Bild stammt aus dem CD-Booklet des neuen Albums der Band namens «Teeren & federn». Sänger und Kopf von Amok ist der bekennende Neonazi Kevin G.*, der im Juli 2015 in Zürich-Wiedikon einen orthodoxen Juden angespuckt und ihm unter anderem «Scheissjude!», «Wir werden euch alle vergasen!» und «Heil Hitler!» nachgerufen hatte, wie der Tages-Anzeiger berichtete.
Im Lied namens «Nilpferd-Jäger» nimmt Kevin G. Bezug auf den Vorfall. «Als das Nilpferd durch die Steppe trabt, hat mans längst im Visier gehabt. Furchtbar stolz mit geschwellter Brust, das blöde Viech hat von nichts gewusst», lautet der Songtext. Und weiter: «Es gab kein Wegrennen, kein Verkriechen, die Scheisse konnte man schon riechen. Doch der Jäger war bereit zum Schuss, hier kommt der Dreihundertachtzehner Nilpferd-Jäger-Bus.»
Teil von Neonazi-Netzwerk
Dabei steht 18 im Neonazi-Verständnis für Adolf Hitler, die Zahl 318 für C18, also Combat 18, eine Gruppierung, die als bewaffneter Arm des internationalen Neonazi-Netzwerks Blood & Honour betrachtet wird. Auch die Band Amok ist Teil der Organisation, die sich als «Speerspitze im Kampf gegen eine multikulturelle Gesellschaft» sieht.
Nach der Spuckattacke wurde der 32-jährige G. im Februar 2019 vom Zürcher Obergericht wegen Rassendiskriminierung zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt. Vor dem Richter gab er sich geläutert – nicht zuletzt wegen der Geburt seiner Tochter. «Damals hatte ich nicht viel Respekt», so G. Ausserdem sei er auch nicht mehr Sänger der Band Amok, diese habe sich aufgelöst.
Der Richter halbierte die vom Bezirksgericht gefällte Strafe, die er voraussichtlich in Halbgefangenschaft absitzen kann. Somit kann der Metzger unter der Woche weiter seinem Beruf nachgehen und zu Hause bei Frau und Kind übernachten. Der Gerichtsvorsitzende sprach dabei von einer «zweiten Chance».
«Selbstvertrauen trotz gesellschaftlicher Ablehnung»
Dass Kevin G. trotz anderslautender Aussagen wieder bei Amok an der Spitze steht, ist für den Luzerner Kantonsrat und Beobachter der Rechtsextremen-Szene Hans Stutz keine grosse Überraschung: «Das Aussageverhalten von Rechtsextremen ist meist gleich: Sie sagen einfach das, was ihnen in diesem Moment am besten nützt.» Nicht die Überzeugung dringe durch, sondern der Opportunismus.
Der Songtext sei «ein demonstratives Zeichen von Selbstvertrauen trotz staatlicher Repression und trotz gesellschaftlicher Ablehnung», so Stutz. Daher ist für ihn klar: «Hinter Distanzierungsbeteuerungen vor Richtern wie jene von Kevin G. muss man immer ein grosses Fragezeichen setzen.»
Bewusst gewählte Symbolik
Eine Distanzierung zum Vorfall kann auch der Zürcher Anwalt Hans-Jacob Heitz nicht erkennen: «Im Grundtenor bestätigt das Lied die verbalen Beleidigungen, für die er verurteilt worden ist.» Gemäss der Rassismusstrafnorm werde verurteilt, wer eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetze oder diskriminiere. «Diese Bedingung scheint mir im Gesamtzusammenhang gegeben, was nach der Eröffnung einer Strafvoruntersuchung rufen dürfte», sagt Heitz. Selbstredend gelte aber die Unschuldsvermutung.
Mit dem Songtext versuche Kevin G. bewusst, sein Verhalten von 2015 zu verharmlosen, so Heitz. Die Symbolik des Nilpferds für den Feind Judentum sei wohl nicht zufällig gewählt. «Nilpferde galten schon bei den alten Ägyptern als boshaft, gefrässig und aggressiv.»
Eine Anfrage von 20 Minuten liess Kevin G. unbeantwortet.
*Name der Redaktion bekannt