AsylwesenNeun von zehn Eritreern beziehen Sozialhilfe
Fast 90 Prozent der anerkannten Flüchtlinge aus Eritrea haben in der Schweiz keinen Job. Damit liegen sie deutlich über dem Schnitt der anderen Flüchtlingsnationen. Woran liegts?
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Fast 90 Prozent der hiesigen Flüchtlinge aus Eritrea haben keinen Job. Die Integration von Eritreern in der Schweiz ist schwierig. (KEYSTONE/Sigi Tischler)
Fast nirgendwo in Europa leben so viele Eritreer wie in der Schweiz. 22'576 Flüchtlinge sind es gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamtes für Migration. Und die Zahl der Asylgesuche steigt weiter. Allein im Juni haben 1480 Eritreer in der Schweiz Asyl beantragt.
Die allermeisten Eritreer in der Schweiz leben von der Sozialhilfe, wie der «Sonntagblick» berichtet. 87 Prozent der erwerbsfähigen anerkannten Flüchtlinge mit Aufenthaltsbewilligung arbeiten nicht. Nur jeder neunte Eritreer kommt für seinen eigenen Lebensunterhalt selbst auf. Von den vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen ist die Erwerbsquote ähnlich tief: lediglich 24 Prozent der Eritreer haben einen Job. Dies belegen aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Statistik.
Schlechter integriert als andere
«Die Eritreer haben mehr Mühe, sich zu integrieren, als andere Bevölkerungsgruppen», sagt Stefan Frey, Sprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Ein Hauptproblem sei, dass viele Eritreer nur mit Landsleuten verkehrten und so die Landessprache nicht lernten. «Je länger sie sich nur in der eritreischen Gemeinschaft bewegen, desto schwieriger wird es für sie, sich in der Schweiz zu integrieren.» Nicht nur die Eritreer seien aber gefordert: «Wir müssen unsere Integrationsversuche in Bezug auf diese Flüchtlingsgruppe verstärken.» Namentlich solle man besonders auch vorläufig aufgenommenen Eritreern den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern.
Emine Sariaslan, Präsidentin des Forums für die Integration der Migrantinnen und Migranten (FIMM), warnt vor einer Pauschalisierung. Sie erlebe die Eritreer nicht als integrationsfaul. «Die Leute sind motiviert, zu arbeiten und die Sprache zu lernen.» Sariaslan räumt aber Schwierigkeiten ein: «Viele Eritreer haben in der Heimat keinen Beruf erlernt oder ihre Ausbildung wird in der Schweiz nicht akzeptiert.» Zudem seien viele «bildungsferne» Flüchtlinge nicht in der Lage, schnell eine Fremdsprache zu lernen.
«Sozialhilfe nach 2 Jahren zurückfahren»
SVP-Nationalrat Thomas Müller stört sich an den hohen Sozialkosten für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge. Er fordert Konsequenzen aus dem Fall Hagenbuch ZH, wo eine eritreische Familie Millionenkosten verursacht. «Die Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene soll nach 2 Jahren zurückgefahren werden, damit der Anreiz, einen Job zu suchen, verstärkt wird», sagt Müller. «Die Flüchtlinge können sich heute zurücklehnen. Mit der Sozialhilfe leben sie genauso gut wie wenn sie arbeiten würden.» Es dürfe für Flüchtlinge finanziell nicht attraktiv sein, in die Schweiz zu kommen.
FDP-Nationalrat Kurt Fluri hält nichts von Müllers Idee. «Ich denke nicht, dass die Flüchtlinge mit der Sozialhilfe so grossartig leben können, dass sie keinen Anreiz haben, zu arbeiten.» Sozialhilfe kürzen sei eine «alte SVP-Platte», kritisiert Fluri. Wenn man Flüchtlingen Sozialgelder kürze, laufe man nur in Gefahr, dass die sie abtauchen oder kriminell würden.« Aus seiner Sicht müsse man sich darauf konzentrieren, die Asylverfahren zu beschleunigen, damit die Flüchtlinge bald wieder nach Hause könnten.
FIMM-Präsidentin Sariaslan ist entsetzt über Müllers Forderung: «Das ist diskriminierend und menschenverachtend.»
Durch Sozialhilfe werde das soziale Existenzminimum sichergestellt. «Man kann niemanden durch Zwang integrieren.» Auch Frey warnt davor, einzelne Kategorien von der Sozialhilfe auszuschliessen. «Wohin soll das führen? Dann sind es morgen die Gehbehinderten und übermorgen die Gehörlosen.»