Profiteure: Nobodys schnorren als Blogger in Geschäften

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ProfiteureNobodys schnorren als Blogger in Geschäften

Gratis ins Restaurant oder ins Hotel: Inhaber ärgern sich über das fordernde Auftreten unbekannter Blogger.

von
B. Zanni
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Im Restaurant Maison Blunt in Zürich tauchte eine Frau auf, die behauptete, eine erfolgreiche Bloggerin zu sein.

Im Restaurant Maison Blunt in Zürich tauchte eine Frau auf, die behauptete, eine erfolgreiche Bloggerin zu sein.

maison-blunt.ch
Sie bestellte einen grossen Brunch. Als sie aufbrach, weigerte sie sich, die drei Platten zu bezahlen. Einen Gratis-Brunch habe sie nur verdient. Schliesslich schreibe sie über das Essen, fand diese.

Sie bestellte einen grossen Brunch. Als sie aufbrach, weigerte sie sich, die drei Platten zu bezahlen. Einen Gratis-Brunch habe sie nur verdient. Schliesslich schreibe sie über das Essen, fand diese.

maison-blunt.ch
Besonders ziehen trendige Kleiderläden die Schnorrer an. «Eine Zeit lang erhielten wir viele Anfragen von Leuten, die bei uns kostenlos oder mit Rabatt Kleider oder Accessoires beziehen und darüber bloggen wollten», sagt Lea Moser, Verantwortliche Marketing und Projekte bei Fizzen in Bern.

Besonders ziehen trendige Kleiderläden die Schnorrer an. «Eine Zeit lang erhielten wir viele Anfragen von Leuten, die bei uns kostenlos oder mit Rabatt Kleider oder Accessoires beziehen und darüber bloggen wollten», sagt Lea Moser, Verantwortliche Marketing und Projekte bei Fizzen in Bern.

fizzen.ch

Die Frau marschierte mit ihrem Kind ins Restaurant und bestellte einen grossen Brunch. Als sie aufbrach, weigerte sie sich, die drei Platten zu bezahlen. Sie sei eine erfolgreiche Bloggerin, sagte sie schnippisch und zückte ihre Visitenkarte. Einen Gratis-Brunch habe sie nur verdient. Schliesslich schreibe sie über das Essen.

Ein solcher Gast tauchte kürzlich im Zürcher Restaurant Maison Blunt auf. «Den Angestellten war sofort klar, dass sich die Dame mit ihrem Kind einfach den Bauch gratis vollschlagen wollte», sagt Geschäftsführer Kevin Morrison. Auch habe die Frau weder Fotos noch Notizen gemacht. Erst nach langer Diskussion habe sie eingewilligt, den Brunch zu bezahlen. Im Restaurant genüge es nicht, sich als Blogger auszugeben, um gratis konsumieren zu können. «Da könnte ja jeder kommen und irgendetwas behaupten.»

«Sie wollen eine Woche gratis Ferien»

Auch vor Hotels und Läden machen die Pseudo-Blogger nicht halt. Sie erhalte jede Woche rund drei Anfragen von Leuten, die sich als Blogger ausgäben und durch eine Zusammenarbeit mit ihnen profitieren wollten, sagt Yvonne Gross, stellvertretende Direktorin des Hotels The Cambrian in Adelboden. «Teilweise sind sie so frech und wollen eine Woche gratis bei uns Ferien machen.»

Die forderndsten Anfragen kämen oft von Hobby-Bloggern. «Darunter sind etwa Mütter, die über ihre Babys bloggen, oder Hobby-Gärtnerinnen.» Die Reichweite dieser Nobodys sei viel zu gering. «Sie glauben, dass sie mit 300 Followern auf Instagram das Zeug zum gefragten Hoteltester haben.» Um infrage zu kommen, hätten sie mindestens 100'000 Follower als Faustregel festgelegt. Die Profile sähen dagegen oft sehr professionell aus. «Wenn die Beiträge aber kaum Likes oder Kommentare haben, ist der Fall schnell klar.»

Unattraktive Profile

Besonders ziehen trendige Kleiderläden die Schnorrer an. «Eine Zeit lang erhielten wir viele Anfragen von Leuten, die bei uns kostenlos oder mit Rabatt Kleider oder Accessoires beziehen und darüber bloggen wollten», sagt Lea Moser, Verantwortliche Marketing und Projekte bei Fizzen in Bern. Im Laden seien auch solche aufgetaucht, die gesagt hätten: «Ich bin Blogger. Kann ich etwas ausleihen?» Als das Personal sich die Profile angeschaut habe, seien oft nicht sehr attraktive darunter gewesen. «Vieles wirkte selbst gebastelt», sagt Moser, die auch Fotografin ist.

Mittlerweile erhielten sie weniger Anfragen. Vermutlich hätten die Leute gemerkt, dass es nicht so einfach sei, auf dem Bloggermarkt zu bestehen. «Wir wollen eine Win-Win-Situation und nicht Leute, die auf unsere Kosten profitieren.» Fizzen nehme deshalb jeweils sorgfältige Selektionen vor. Auch Yvonne Gross betont: «Wir freuen uns natürlich über jeden Blogger, können jedoch nur denjenigen etwas offerieren, die für uns eine genügend grosse Relevanz haben.» So müsse die Zielgruppe des Blogs mit dem Publikum ihres Hotels übereinstimmen.

«Blogger machen gierig»

Werbefachmann Frank Baumann macht den Erfolg einzelner weniger Blogger dafür verantwortlich. «Durch ihren Erfolg und den Einfluss auf die Werbebranche machen sie einige Menschen gierig, auf denselben Zug aufzuspringen.»

Viele Normalverbraucher denken sich: ‹Wow, wenn andere mit so wenig Aufwand so viel Luxus erreichen, schaff ich das auch.›» Gerade kleine Betriebe seien gefährdet, auf die Schnorrer hereinzufallen. «Taucht plötzlich ein Blogger auf, der behauptet, er sei erfolgreich, könnte ein Betrieb sofort an den grossen Profit denken und den Verstand ausschalten.»

Eingebildete Bloggerin

Auch professionelle Blogger können Anbieter auf die Palme bringen. «Eine Bloggerin aus Zürich behandelte unsere Angestellten wie den letzten Dreck», erinnert sich Kevin Morrison, Geschäftsführer des Zürcher Restaurants Maison Blunt. Sie habe das Personal ständig angemotzt. «Zudem bestellte die Frau die halbe Menü-Karte und ass von jedem Gericht nur einen Löffel». Danach hätten sie fast das ganze Menü fortwerfen müssen.

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